Der Chemiker Prof. Dr. Jürgen Popp wird in den kommenden fünf Jahren weiterhin das Leibniz-IPHT leiten. Das Kuratorium des Instituts bestellte ihn einstimmig erneut zum wissenschaftlichen Direktor mit Wirkung ab 1. Juni 2021. Popp steht seit 15 Jahren an der Spitze des Leibniz-IPHT, das sich der Erforschung lichtbasierter Technologien für die medizinische Diagnostik und Therapie, für Gesundheit, Umwelt und Sicherheit widmet und in zahlreichen nationalen und internationalen Kooperationen die Umsetzung von Forschungsergebnissen in die Anwendung vorantreibt.

„Mit Jürgen Popp hat sich das Leibniz-IPHT seit 2006 erfolgreich auf das zukunftsweisende Gebiet der Biophotonik und die Erforschung optischer Gesundheitstechnologien ausgerichtet“, betont Dr. Bernd Ebersold, Abteilungsleiter Forschung im Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft (TMWWDG) und Vorsitzender des Kuratoriums. „Dass sich Jena auf diesem Gebiet zu einem Standort von internationaler Sichtbarkeit entwickelt hat, daran hat das Leibniz-IPHT entscheidenden Anteil. Dies hat nicht zuletzt die positive Evaluierung durch die Leibniz-Gemeinschaft im vergangenen Jahr bestätigt. Mit der Wiederbestellung von Jürgen Popp würdigen wir seine herausragende Leistung in der Profilierung des Instituts und schaffen eine Perspektive für eine aussichtsreiche Weiterentwicklung, zu der etwa der Ausbau der Infrarot-Spektroskopie gehört.“

Lösungsansätze zur Bewältigung der Corona-Pandemie

Jürgen Popp gilt als international führender Experte auf dem Gebiet der optischen Gesundheitsforschung, von der photonischen Grundlagenforschung bis zur Umsetzung in klinisch anwendbare Methoden. 2002 kam der heute 54-jährige Wissenschaftler nach Jena. Nach seiner Habilitation an der Universität Würzburg übernahm er dort mit 36 Jahren einen Lehrstuhl am Institut für Physikalische Chemie der Friedrich-Schiller-Universität, dessen Direktor er heute ist. 2005 wurde Popp zudem Abteilungsleiter am damaligen Institut für Physikalische Hochtechnologie auf dem Jenaer Beutenberg-Campus; ein Jahr später bestellte man ihn dort zum wissenschaftlichen Direktor — mit der Maßgabe, das Landesinstitut so zu profilieren, dass es perspektivisch in die Bund-Länder-Förderung überführt werden kann.

Das 1992 gegründete Institut richtete sich neu aus und schärfte sein Forschungsprofil auf dem Gebiet der Biophotonik, der Anwendung lichtbasierter Methoden für die Lebenswissenschaften. Aus dem Institut für Physikalische Hochtechnologie wurde das Institut für Photonische Technologien. 2014 wurde es auf Empfehlung des Wissenschaftsrats in die Leibniz-Gemeinschaft aufgenommen. „Das IPHT hatte bereits eine überragende technologische Basis im Bereich der Optik, magnetischer Komponenten, Mikro- und Nanotechnologie und Faserziehtechnologie aufgebaut“, so Jürgen Popp. Die Infrastruktur mit Faserziehanlage, Reinraum und optischen Laboren sei deutschlandweit einmalig, attestiert die Leibniz-Gemeinschaft.

Optische Verfahren für Medizin, Umwelt und Sicherheit

„Am Leibniz-IPHT verfolgen wir die Vision, das Leben sicherer und gesünder zu machen“, formuliert Jürgen Popp das gemeinsame Ziel. „Wir erforschen zum Beispiel Methoden, die Mediziner*innen dabei unterstützen, Krebs schonender und genauer zu diagnostizieren oder Patient*innen mit lebensbedrohlichen Infektionen schneller passend zu behandeln.“ Ein Schwerpunkt liegt auf der Erforschung photonischer Verfahren im Kampf gegen Infektionskrankheiten und multiresistente Keime.
Wissenschaftler*innen am Leibniz-IPHT erforschen zudem Lösungsansätze, die zur Bewältigung der Corona-Pandemie beitragen. So kommen am Leibniz-IPHT entwickelte und gefertigte Infrarot-Sensoren in Beatmungsgeräten weltweit zum Einsatz. Im April 2020 konnte die Weimarer Diagnostikfirma Senova mit einem Forschungsteam vom Leibniz-IPHT einen der ersten verfügbaren Antikörpertests auf das neuartige Virus vorweisen. Zahlreiche Forschungsteams arbeiten derzeit gemeinsam mit medizinischen Partnern — insbesondere am Universitätsklinikum Jena — an Verfahren, um mehr über SARS-CoV-2 und seine Auswirkung auf den Menschen herauszufinden.

Das Ziel: Ergebnisse vom Labor in die Anwendung bringen

„Die Beispiele zum Thema Corona zeigen, was das Leibniz-IPHT ausmacht“, sagt Jürgen Popp: „Eine herausragende technologische Infrastruktur und langjährige Expertise wie im Fall der IR-Sensoren und starke Partnerschaften: sowohl in die Industrie wie in die medizinische Anwendung, insbesondere die Klinik.“ Es sei es überdies gelungen, international ausgewiesene Forschende ans Institut zu holen und mehrere Leitungspositionen der mittlerweile 14 Forschungsabteilungen und einer Nachwuchsgruppe mit renommierten Wissenschaftler*innen zu besetzen. Die rasche und effiziente Umsetzung von Forschungsergebnissen in die Anwendung zu befördern, dies sei das Ziel, das ihn antreibt, so Popp. „Bis aus einem Proof of Concept aus der Forschung ein marktfähiges Produkt wird, vergehen im Schnitt 14 Jahre. Wir arbeiten daran, dass dieser Prozess der Translation in Zukunft schneller geht.“

Dafür hat das Leibniz-IPHT national wie international mehrere Netzwerke und Forschungsverbünde mit auf den Weg gebracht. Am 2013 gegründeten Forschungscampus Infectognostics in Jena entwickeln mehr als 30 Partner aus Forschung, Medizin und regionalen Unternehmen marktfähige Lösungen für eine schnelle und kostengünstige Diagnostik von Infektionen; hier entstand auch der SARS-CoV-2-Antikörpertest. Auch am Zentrum für translationale Medizin — CeTraMed — am Universitätsklinikum Jena, das 2022 fertiggestellt werden soll und sich der Erforschung altersbedingter Erkrankungen widmet, sowie am Thüringer Innovationszentrum für Medizintechniklösungen ThIMEDOP steht die Umsetzung von Forschungslösungen in klinisch nutzbare Ansätze im Vordergrund.

National und international vernetzt

Im März 2021 startete das neue Leibniz-Zentrum für Photonik in der Infektionsforschung (LPI) in Jena mit dem Aufbau innovativer lichtbasierter Technologien für die Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Initiiert vom Leibniz-IPHT, der Friedrich-Schiller-Universität Jena und dem Universitätsklinikum sowie dem Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut — soll das LPI dazu beitragen, Forschungsergebnisse effizienter umzusetzen und Entwicklungszeiten zu verkürzen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert den Aufbau der weltweit einzigartigen Translationsinfrastruktur. Forschende aus Deutschland und der ganzen Welt sollen sie von 2027 an nutzen können, um neue Verfahren für die Diagnostik und Behandlung von Infektionskrankheiten zu entwickeln — mit Licht als Werkzeug. „Wenn wir etwas über unsere Umwelt lernen wollen, über Materie und Moleküle, die uns umgeben und die grundlegenden Prozesse, die darin ablaufen, brauchen wir Licht“, sagt der Chemiker Jürgen Popp. „Angefangen von einfachsten Mikroskopen, die jeder noch aus der Schule kennt, bis zu modernsten Bildgebungsverfahren, die auf der Wechselwirkung von Laserlicht mit Materie beruhen, ist Licht der Schlüssel zu dem, was wir sehen.“