Einblicke in die Nanowelt: Forschende präsentieren TERS-Technologie als Werkzeug für die Lebenswissenschaften
Um detaillierte und hochaufgelöste Einblicke in die Welt der Moleküle zu gewinnen, ist die spitzenverstärkte Raman-Spektroskopie (TERS) ein leistungsstarkes Werkzeug. Diese Technologie ermöglicht die Analyse der molekularen Zusammensetzung und Struktur von Oberflächen auf Nanometerebene. Forschende des Jenaer Leibniz-Instituts für Photonische Technologien (Leibniz-IPHT) und ein internationales Team haben in der renommierten Fachzeitschrift Nature Reviews Methods Primers eine Einführung über die theoretischen Hintergründe, die erforderliche Technik, sowie das Potenzial dieser Technologie für Lebens- und Materialwissenschaften sowie die Erforschung von Krankheiten veröffentlicht.
TERS ermöglicht chemische Bilder von Oberflächen mit bis zu submolekularer Auflösung. Das Verfahren kombiniert die chemische Empfindlichkeit der Raman-Spektroskopie mit einer signifikanten Signalverstärkung durch lokalisierte optische Felder an einer plasmonisch aktiven, wenige Nanometer feinen Spitze aus Gold oder Silber. In Kombination mit der Rastersondenmikroskopie (AFM) lassen sich so zerstörungsfrei chemische Informationen weit unterhalb der Auflösung von optischen Mikroskopen erhalten, die für viele Anwendungen in den Lebenswissenschaften und der Medizin relevant sind.
Molekulare Strukturen weit unterhalb der Beugungsgrenze
Die Anwendungen von TERS reichen von der Genforschung bis zur Materialwissenschaft, betonen Prof. Volker Deckert und Dr. Christiane Höppener vom Leibniz-IPHT und der Universität Jena betonen in ihrem Artikel. Besonders in den Lebenswissenschaften und der Medizin eröffnen sich Möglichkeiten zur Erforschung von Krankheiten und Therapien. „TERS ermöglicht die Erfassung molekularer Strukturen weit unterhalb der Beugungsgrenze, ohne dass Labels erforderlich sind“, erläutert Prof. Deckert, der für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Raman-Spektroskopie mehrfach international ausgezeichnet worden ist.
Einblicke die chemischen Unterschiede von Viren
In Jena forschen Deckert und sein Team an einem Verfahren zur schnellen und direkten Identifizierung von Grippe- oder SARS-CoV-2 Viren, mit Hilfe von TERS. Gemeinsam mit PD Dr. Stefanie Deinhardt-Emmer vom Universitätsklinikum Jena entwickeln sie im Verbundprojekt SARS-CoV-2Dx Verfahren zur frühzeitigen Erkennung viraler Epidemien und zeigen, wie TERS zum einen schnelle Oberflächencharakterisierungen von Viren erlaubt, zum anderen wie kleinste Unterschiede zwischen Proteinen und Lipiden auf der Virusoberfläche verfolgt werden können.
Nanopartikel transportieren Medikamente im Körper
Dr. Christiane Höppener erforscht am Sonderforschungsbereich (SFB) Polytarget der Universität Jena mithilfe von TERS und AFM die chemischen und nanomechanischen Eigenschaften von Polymer-Nanopartikeln. Ziel ist es, deren Wirksamkeit als Trägermaterialien für die Behandlung entzündlicher Erkrankungen zu verbessern. Die Forschenden im SFB entwickeln maßgeschneiderte Polymer-Nanopartikel, in denen Medikamente verpackt und gezielt zu ihrem Wirkungsort im Körper dirigiert werden können.
Katalysatoren direkt beobachtet
Eine weitere Anwendung von TERS liegt in der direkten Untersuchung von Katalysatoroberflächen. Durch die hohe Auflösung von TERS können lokale Unterschiede in der Reaktivität auf Katalysatoren sichtbar gemacht werden. Diese detaillierten Informationen helfen dabei, Katalysatoren gezielt zu verbessern und ihre Effizienz zu steigern.
Original-Artikel in Nature Reviews Methods Primers:
Höppener, C.; Aizpurua, J.; Chen, H.; Gräfe, S.; Jorio, A.; Kupfer, S.; Zhang, Z.; Deckert V., Tip-enhanced Raman scattering. Nat Rev Methods Primers 4, 47 (2024). https://doi.org/10.1038/s43586-024-00323-5