Gemeinsam haben Thüringer Forschende unter Beteiligung des Leibniz-IPHT am InfectoGnostics Forschungscampus einen Test entwickelt, mit dem sich genetische Eigenschaften des Bakteriums Staphylococcus aureus erkennen und mehr als 700 Stämme dieses Erregers unterscheiden lassen. Virulenzfaktoren und Resistenzgene, auch der multiresistenten Varianten (MRSA), können mit dem Testkit schnell identifiziert werden. Das INTER-ARRAY Genotyping Kit S. aureus ist bereits verfügbar und findet Anwendung in klinischen Forschungsprojekten.
 
Genetische Analysen nehmen in der Diagnostik und der Erforschung von Infektionserregern eine immer wichtigere Stellung ein. Mit ihnen kann die Ausbreitung von Bakterienstämmen in Krankenhäusern nachverfolgt und deren Resistenz- oder Virulenzgene analysiert werden. Für eine komplette Sequenzierung des Erbguts der Erreger sind teure Geräte und aufwendige bioinformatische Datenauswertungen nötig. Dies schränkt die Möglichkeiten der Anwendung ein, denn gerade bei resistenten Erregern kommt es auf schnelles Handeln in der Krankenhaushygiene an. Mit dem INTER-ARRAY Genotyping Kit S. aureus haben Forschende des Forschungszentrums für Medizintechnik und Biotechnologie, der fzmb GmbH, gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Leibniz-IPHT nun ein neues Microarray-Testkit entwickelt und auf den Markt gebracht, das in vielen Fällen eine günstige, schnelle Alternative und sinnvolle Ergänzung zur Sequenzierung darstellt.
 
Der Nachweis der bakteriellen Gene erfolgt in dem neuen Testkit durch die am InfectoGnostics Forschungscampus bereits bewährte Methode der Microarray-Hybridisierung: Hierbei werden auf einem Biochip mehrere Fängermoleküle auf engstem Raum aufgetragen, an denen DNA-Fragmente aus einer Bakterienkultur binden können. Kommt es zu einer solchen Bindung, verfärbt sich das entsprechende Feld auf dem Chip und kann optisch ausgelesen werden. Anhand der entstehenden Muster wissen die Forschenden sofort, welche Gene vorhanden sind. Wie ein genetischer Fingerabdruck können diese Informationen genutzt werden, um zum Beispiel festzustellen, ob mehrere Isolate von einer Intensivstation identisch sind, was einen Ausbruch bedeuten kann.
 
Virulenz- und Resistenzbestimmung: 336 DNA-Sequenzen von 170 Markern
 
„Wir prüfen mit dem Kit auf 336 DNA-Sequenzen von 170 relevanten Markern und erhalten so eine exakte Aussage über die Anwesenheit von Virulenzfaktoren und Resistenzgenen. Indem wir diese genetischen Informationen kombinieren und mit einer umfangreichen Datenbank abgleichen, können wir über 700 Stämme von Staphylococcus aureus unterscheiden und epidemiologisch nachverfolgen“, erläutert die Biotechnologin Katrin Frankenfeld, Chief Operating Officer für INTER-ARRAY bei der fzmb GmbH.
 
Bei der Auswahl der Zielgene und -sequenzen sowie dem Aufbau der Datenbank der Stämme kooperierte das Unternehmen mit den InfectoGnostics Forschern Prof. Dr. Ralf Ehricht und Dr. Stefan Monecke aus der Abteilung Optisch-Molekulare Diagnostik und Systemtechnologie am Leibniz-IPHT. „Mit dem Test kann in relativ kurzer Zeit ein Staphylococcus aureus-Keim umfangreich molekular charakterisiert werden. Speziell in Kliniken, in denen Infektionsausbrüche mit Staphylococcus aureus-Erregern auftreten können, lassen sich so Infektketten rasch analysieren und Ausbruchsursachen auffinden. Infektionen mit Staphylococcus aureus können schwerwiegende Konsequenzen haben, mitunter lebensbedrohlich sein und führen immer wieder zu Ausbrüchen. Mit den gewonnenen Informationen können Ärztinnen und Ärzte schneller eine hygienische Entscheidung treffen sowie Ausbruchsursachen besser auffinden und bekämpfen“, erklärt Prof. Dr. Ralf Ehricht, der am Leibniz-IPHT gemeinsam mit seinem Team an modernsten Technologien sowie einem besseren Verständnis von Infektionskrankheiten und schnelleren Diagnostik arbeitet.
 
Durch die öffentlich-private Zusammenarbeit im Forschungscampus konnte das INTER-ARRAY Genotyping Kit bereits Ende 2021 für die Validierung eines Schnelltests zum Nachweis des bakteriellen Toxins PVL eingesetzt werden.
 
Große Vorteile des Microrarray-Systems sind die hohe Skalierbarkeit und die leichte Adaptierbarkeit, wie Katrin Frankenfeld von INTER-ARRAY bei der fzmb GmbH erklärt: „Wir können mehrere dieser Microarrays als Hochdurchsatzformat nebeneinander anordnen und so gleichzeitig bis zu 96 isolierte Erreger aus Proben testen. Zukünftig lassen sich zudem neue Kits mit DNA-Sequenzen für weitere Marker oder auch für andere Spezies designen, wodurch das System flexibel für wissenschaftliche oder krankenhaushygienische Fragestellungen ist.“
 
Über den InfectoGnostics Forschungscampus Jena
 
Der InfectoGnostics Forschungscampus Jena beschreitet als öffentlich-private Partnerschaft neue Wege in der Diagnostik von Infektionen und Erregern, wie z. B. Viren, Bakterien und Pilzen. InfectoGnostics wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Förderinitiative „Forschungscampus – öffentlich-private Partnerschaft für Innovationen“ mit zusätzlicher Unterstützung durch das Land Thüringen gefördert. Etwa die Hälfte des benötigten Etats finanzieren die beteiligten Partner. www.infectognostics.de
 
Weitere Informationen zum INTER-ARRAY Genotyping Kit S. aureus: 
www.inter-array.com

Im Bild:
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der fzmb GmbH betrachten mehrere INTER-ARRAY-Chips. Im Hintergrund ist ein solcher Microarray in Nahaufnahme bei der Auswertung zu sehen. ©fzmb/InfectoGnostics