Infektionserreger detektieren, Resistenz- und Virulenzfaktoren erkennen oder den Impfstatus bestimmen – Microarrays sind die Multifunktionstalente der molekularen Diagnostik und können flexibel für viele diagnostische Anwendungen angepasst werden. Experten für diese Technologie sind am Leibniz-IPHT die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Forschungsabteilung Optisch-Molekulare Diagnostik und Systemtechnologie. In 2022 hat das Team um Abteilungsleiter Prof. Dr. Ralf Ehricht gemeinsam mit den Entwicklerinnen und Entwicklern der INTER-ARRAY by fzmb GmbH aus Bad Langensalza gleich mehrere neue Tests auf Basis der Microarray-Technologie entwickelt.

So entstand ­beispielsweise im ­RESISTOVAC-Projekt des ­InfectoGnostics Forschungscampus Jena mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) eine neue Testplattform, mit der sich der Impfstatus gegen verschiedenste Infektionserreger bestimmen lässt. Mit einem einzigen Tropfen Blut von Patientinnen und Patienten kann so getestet werden, ob das Immunsystem auf eine Impfung angesprochen hat und ob noch Antikörper gegen den Infektionserreger vorhanden sind.

Im Fokus stand dabei besonders die Immunantwort auf Krankheiten, gegen die Impfungen empfohlen werden: Mumps, Masern, Tetanus oder Diphtherie, aber auch die gleichzeitige Testung auf mögliche Corona-Antikörper durch Impfung oder natürliche Infektion.

Microarray für alle ­STIKO-Impfungen ­könnte Hinweise auf ­Impflücken geben

Die Leibniz-IPHT-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler entwickeln dazu gemeinsam mit den fzmb-Forschenden einen speziellen Protein-Microarray: Auf diesem wenige Millimeter kleinen Chip sind verschiedene Fängermoleküle in kleinen Punkten aufgetragen und gebunden. Werden Antikörper aus dem Patientenblut mit den passenden Antigenen auf dem Chip zusammengebracht, verfärben sich entsprechende Testfelder auf dem Microarray – ein gesuchter Antikörper muss also im Blut vorhanden gewesen sein. Das entstehende winzige Muster auf den Microarrays kann mittels spezieller Auswertegeräte binnen weniger Minuten optisch analysiert werden.

Neben verschiedenen Oberflächenstrukturen des Coronavirus wurden auch Antigene von den Erregern für Diphtherie, Masern und Tetanus auf den Test gebracht, auf die geimpfte Personen typischerweise reagieren. Auch hier konnte eine entsprechende Antikörperreaktion bei geimpften Personen erfolgreich nachgewiesen werden. „Wir konnten so zeigen, dass wir den Test flexibel erweitern und verschiedene Antikörper während einer einzigen Testung im Patientenblut nachweisen können. 
In Zukunft könnte ein Mikroarray für alle von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen Impfungen zusammengestellt werden, mit dem schnell und günstig auf mögliche Impflücken gescreent werden könnte“, erklärt Sindy Burgold-Voigt, Doktorandin in der Forschungsabteilung Optisch-Molekulare Diagnostik und Systemtechnologie am Leibniz-IPHT.

Vielseitiges Microarray-­Prinzip lässt sich auch in Streifentest-Formate ­überführen

Doch das zugrundeliegende Micro­array-System lässt sich auch flexibel für andere Tests anpassen: Sollen beispielsweise Resistenzfaktoren detektiert oder Untergruppen einer bakteriellen Spezies bestimmt werden, können Forschende passende Fängermoleküle definieren, die als Punktmatrix auf dem Micro­array aufgetragen werden und eine parallele Messung von mehreren Parametern ermöglichen.

Die fzmb GmbH konnte so bereits einen marktreifen Test gemeinsam mit den Leibniz-IPHT-Forschenden entwickeln, mit dem sich genetische Eigenschaften des Bakteriums ­Staphylococcus aureus untersuchen und mehr als 700 Stämme dieses Erregers unterscheiden lassen. Virulenzfaktoren und Resistenzgene, auch der „multiresistenten“ Varianten (MRSA), können mit diesem sogenannten „INTER-ARRAY Genotyping Kit S. aureus“-Testkit schnell identifiziert werden. Für die Auswahl der Zielgene und -sequenzen sowie den Aufbau der Datenbank der Stämme kooperierte das Unternehmen mit den Leibniz-IPHT-Wissenschaftlern Prof. Ralf Ehricht und Dr. Stefan Monecke.

Microarray-Systeme bieten zudem den großen Vorteil, dass sie auch in verschiedenen diagnostischen Testformaten realisiert werden können. So kann das Prinzip in vereinfachter Form auch in ein kostengünstiges Streifentest-Format überführt werden, wie es von Corona-Schnelltests bekannt ist. Im Projekt RESISTOVAC wird diese Weiterentwicklung durch die Senova GmbH in Weimar übernommen, die auf solche Lateral-Flow-Testverfahren spezialisiert ist.
 
InfectoGnostics Forschungscampus Jena

Das Leibniz-IPHT ist Gründungsmitglied des InfectoGnostics ­Forschungscampus, der als ­Thüringer Innovationscluster für Diagnostik und Biotechnologie ­gemeinsame Translationsprojekte in öffentlich-privater Partnerschaft initiiert und bis zur Anwendung ­begleitet. Über 30 Partner aus Industrie, Forschung und Klinik entwickeln und kombinieren im Forschungscampus photonische und molekularbiologische Verfahren, um Infektionserreger und Antibiotikaresistenzen zuverlässig zu detektieren und die Wirtsantwort (zum Beispiel bei Sepsis) besser zu verstehen. Im Dreiklang von Technologie, Anwendung und Herstellung entstehen so Labor- und Schnelltests für den Einsatz in der Human- und Veterinärmedizin sowie für die Lebensmittelsicherheit.

Weitere Informationen zum InfectoGnostics Forschungscampus Jena: www.infectognostics.de

Im Bild:
Mitarbeitende der Forschungsabteilung Optisch-Molekulare Diagnostik und Systemtechnologie bei der Mircroarray-Diagnose.
©Sven Döring