Der Blutfarbstoff Häm steht im Mittelpunkt eines neuen Forschungsvorhabens, zu dem sich in Jena Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen zusamengefunden haben. Das Land Thüringen fördert im Rahmen der ProExzellenz-Initiative die Untersuchungen zur Entstehung und den Funktionen des eisenhaltigen Moleküls in den nächsten drei Jahren mit einer Million Euro.

Häm ist vor allem als Farbstoff der roten Blutkörperchen bekannt. Zusammen mit dem in diesen Zellen vorkommenden Eiweiß, dem Globin, bildet es Hämoglobin, das für die Sau­erstoffaufnahme des Körpers eine zentrale Rolle spielt. Den kontrollierten Abbau von Häm im Körper zu den so genannten Gallenfarbstoffen, im Alltag zu beobachten bei der Verfärbung von Blutergüssen, hat man im Wesentlichen verstanden. Was aber passiert, wenn Häm in Zellen freigesetzt oder unkontrolliert abgebaut wird, soll das Projekt HHDP (englische Abkürzung für Häm und Häm-Abbauprodukte) beleuchten. „Unsere eigenen Vor­arbeiten haben gezeigt, dass die HHDP unerwartete, zum Teil krankmachende Reak­tionen auslösen können“, beschreibt Prof. Dr. Stefan Heinemann die Motivation des Vor­habens.

Der Inhaber des Lehrstuhls für Biophysik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und Gruppenleiter am Zentrum für Molekulare Biomedizin (CMB) koordiniert die Initiative, in der sich ein interdisziplinäres Team zusammengefunden hat. „Wir haben es mit einer The­matik zu tun, bei der ein Forscher aus einer Einzeldisziplin sehr schnell an Grenzen stößt. An der Universität Jena und in deren wissenschaftlichem und wirtschaftlichem Um­feld gibt es al­lerdings die lukrative Konstellation, dass Forscher aus sehr unterschied­li­chen Fachdiszi­plinen – Neurologie, Intensivmedizin, Molekulare Physiologie und Biophy­sik, Biochemie bis hin zur Biophotonik und der Synthesechemie – die Erforschung der Ent­stehung und der alternativen Funktionen von HHDPs als gemeinsames Anliegen er­kannt haben“, so Heinemann. In diesem interdisziplinären Team werde die Thematik in einer Weise bear­beitet, wie es nur in Jena möglich sei, betont der Biophysiker.

Ein zentraler Aspekt des Vorhabens ist in diesem Zusammenhang die Überbrückung der Grenzen zwischen klinischer Forschung, den Grundlagendisziplinen der Biowissen­schaf­ten und den chemisch und physiko-chemisch arbeitenden Gruppen – in Jena speziell der gewachsenen Kompetenz im Bereich Optik/Photonik.

So bringt zum Beispiel das Institut für Photonische Technologien seine Expertise in die spek­­­troskopische Untersuchung von Häm und Häm-Abbauprodukten in vivo und in vitro ein. „Wir haben bereits zeigen können, dass die Raman-Sprektroskopie wesentlich zum Studium von HHDPs beitragen kann, um zum Beispiel freie von Protein-gebundenen HHDPs zu unterscheiden“, erläutert IPHT-Direktor Prof. Dr. Jürgen Popp. Das Ziel der in enger Kooperation mit der Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums Jena (UKJ) und deren Leiter Prof. Dr. Otto W. Witte geplanten Arbeiten ist es unter anderem, die Rolle von Häm und dessen Abbauprodukten bei einer Hirnblutung zu untersuchen, denn die Sterb­­lichkeit in Folge solcher Blutungen liegt immer noch bei 30 bis 60 Prozent. Diese ho­he Rate ist insbesondere auf krampfartige Verengungen blutfüh­render Gefäße zurück­zu­füh­ren, die durch die HHDPs ausgelöst werden. Besonderes Au­gen­merk wird hierbei auf die optische Registrierung der Mikrozirkulation sowie auf Raman-spektroskopische Analy­se­verfahren gelegt, die einen mo­lekularen Fingerabdruck des zu untersuchenden Sys­tems liefern.

Zur effektiven Bearbeitung der genannten Fragestellungen bedürfe es eines Netzwerks von ausgewiesenen Fachleuten mit den entsprechenden Erfahrungen und Kompetenzen, so HHDP-Koordinator Heinemann. Im HHDP-Team sind deshalb mit Prof. Dr. Michael Bau­er ein weiterer Kliniker und mit den Profs. Dr. Georg Pohnert, Dr. Matthias Wester­hau­­sen, Dr. Rainer Beckert und Dr. Diana Imhof Chemiker vertreten. „Wir sind der Über­zeu­gung, in Jena einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung dieses For­schungszweigs leisten zu können“, betont Heinemann. Durch die direkte Ein­bin­dung ei­nes ausgewie­se­nen Experten der University of Pennsylvania, Prof. Dr. Toshi­nori Hoshi, wird zudem die Internationalisierung der Jenaer Forschung konsequent voran­ge­trie­ben.

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