Das Überleben von Patienten mit einer Sepsis hängt von einer möglichst frühen und gezielten Therapie ab. Dafür ist es notwendig, den Erreger genau zu identifizieren. Das ist bei einer Infektion mit Pilzen besonders schwierig. Im Rahmen des Forschungsprojekts ImSpec wurde ein optisches Analysesystem zur schnellen und zuverlässigen Diagnose krankheitserregender Pilze entwickelt. Dr. Wolfgang Fritzsche erklärt im Interview mit MEDICA.de wie diese Methode genau funktioniert.

Dr. Fritzsche, worum handelt es sich beim Forschungsprojekt ImSpec?

Dr. Wolfgang Fritzsche: ImSpec beinhaltet die Etablierung einer Plattform zum parallelen Nachweis und Charakterisierung verschiedener Biomoleküle. Dies wurde im Projekt anhand des Beispiels des DNA-basierten Nachweises Sepsis-relevanter Pilzerreger demonstriert. Heutzutage werden dabei als Standardmethode nur einzelne Krankheitserreger mithilfe von Anzuchtmethoden oder auch molekularbiologischen Methoden nachgewiesen. Durch das Projekt sollte gezeigt werden, dass eine gleichzeitige, parallele Detektion verschiedener Erreger möglich ist, was am Beispiel der Sepsis auch demonstriert wurde.

Dies gelang in Zusammenarbeit mit den Firmen SIOS Meßtechnik GmbH, ABS GmbH, Moldiax GmbH und Nanopartica GmbH sowie dem Universitätsklinikum Jena und Dank der Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Was ist denn das Gefährliche an einer Sepsis?

Fritzsche: Vereinfacht gesagt, kommt es bei einer Sepsis zu einem systemischen, komplexen Versagen der Organe. Grund dafür ist eine bakterielle oder eine Pilzinfektion. Bei einer Sepsis ist es entscheidend für eine effiziente Therapie, so schnell wie möglich eine Diagnose zu stellen und die Art des Erregers festzustellen. Denn je früher eine gezielte Therapie beginnt, desto größer sind die Überlebenschancen des Patienten.

In unserem speziellen Fall ging es um Pilzinfektionen. Sie sind schwierig zu diagnostizieren, da das Anziehen von Pilzen noch länger dauert als das von Bakterien – wir sprechen von mehreren Tagen. Zudem ist bei Pilzen der Einsatz eines Breitbandpilzmittels nicht sinnvoll. Ein Antimykotikum ist im Verhältnis zum Antibiotikum sehr teuer und wird ungern auf Verdacht gegeben, weil eine solche Behandlung den Patienten sehr schwächt. Um die richtige Therapie einzuleiten, ist daher die exakte Identifizierung dieser Pilze notwendig.

 

Wie funktioniert die von Ihnen und ihren Projektpartnern entwickelte Methode?

Fritzsche: Die Methode besteht aus zwei Schritten. Zunächst vervielfältigen wir mittels der Polymerasekettenreaktion (PCR) die DNA aus der Probe speziell in Hinblick auf die Pilz-DNA. Im zweiten Schritt geben wir dieses Gemisch vervielfältigter DNA auf ein DNA-Microarray. Das Microarray besteht aus vielen Messfeldern, die jeweils eine Affinität zu einer bestimmten DNA-Sequenz zeigen. Befindet sich Pilz-DNA in der Probe, bindet sie auf dem entsprechenden Messfeld und kann ausgelesen werden.

In unserem Fall nutzen wir eine markierungsfreie Auslesemethode. Sie beruht auf dem Effekt der lokalisierten Oberflächenplasmonenresonanz. Hierbei regen wir mit Licht eine lokalisierte Resonanz von Elektronen in metallischen Nanopartikeln an, die als Sensoren dienen. Für die Bindung der Erreger-DNA an die Nanopartikel versehen wir sie zuvor mit einer Rezeptorschicht aus einzelsträngiger DNA, die komplementär zur gesuchten DNA in der Lösung ist. Ist die Ziel-DNA vorhanden, bindet sie an den jeweiligen Nanopartikel-Sensor und verändert dabei den Brechungsindex im Medium um den Sensor. Die daraus resultierende Verschiebung der Plasmonenresonanz können wir sehr genau messen. Neu ist, dass die Auslesung eines ganzen Arrays derartiger Spots simultan in Form eines bildgebenden Verfahrens geschieht. Dieses bildgebende Verfahren erlaubt die gleichzeitige Bestimmung der Spektralinformation aus allen Bildpunkten. Dazu wird ein Bildstapel über ein Michelson-Interferometer aufgenommen. Aus diesem Bildstapel werden durch eine Fourier-Transformation, also eine mathematische Transformation, die entsprechenden spektroskopischen Informationen für jeden einzelnen Pixel bestimmt. Da die Auslesezeit so nicht mehr mit der Anzahl der Messpunkte wächst, können wir sehr viele Messpunkte gleichzeitig auslesen.

 

Wie weit wäre es noch bis zur klinischen Anwendung? 

Fritzsche: Wir konnten im Projekt einen Demonstrator realisieren. Das bedeutet, dass das Verfahren der bildgebenden Spektroskopie für den Nachweis von DNA-Molekülen und entsprechenden DNA-Molekülen aus PCR-Reaktionen durchgeführt werden konnte. Für die klinische Anwendung gibt es zwei Entwicklungslinien: Erstens muss auf klinischer Seite noch der gesamte Vorgang der Probenpräparation, Standardisierung und Überführung der einzelnen Prozessschritte vor dem eigentlichen Nachweis in ein standardisiertes Protokoll erfolgen. Zweitens ist der Aufbau des Detektionsinstrumentes noch kein Gerät, das im Labor einer Klinik oder am Krankenbett eingesetzt werden kann. Es handelt sich vielmehr noch um einen Laboraufbau, bei dem eine Automatisierung und Realisierung der entsprechenden Protokolle vorgenommen werden muss. Aber das Grundprinzip und die Grundtechniken sind im Gesamtablauf demonstriert worden.

Könnte man dieses Verfahren auch auf sepsiserregende Bakterien anwenden?

Fritzsche: Ja. Im Prinzip erfolgt am Anfang des Ablaufs die Vervielfältigung der Erreger-DNA. In unserem Fall war das die DNA aus Pilzen. Durch eine Anpassung des Protokolls kann das Verfahren auch auf sepsiserregende Bakterien angewendet werden. Man müsste zum Beispiel die DNA-Sequenzen in der PCR anpassen. Alle nachfolgenden Schritte sind analog und können genauso umgesetzt werden. Prinzipiell ist diese Methode sowohl für andere DNA-Sequenzen als auch für antikörperbasierte Immuno-Assays nutzbar.

Das Interview führte Olga Wart. Den Originalbeitrag finden Sie auf der Seite der Medica.de in deutsch und englisch.

 

Dr. Wolfgang Fritzsche, Abteilungsleiter Nanobiophotonik am Leibniz-IPHT. Quelle: Leibniz-IPHT

Dr. Wolfgang Fritzsche, Abteilungsleiter Nanobiophotonik am Leibniz-IPHT. Quelle: Leibniz-IPHT

Das Microarray (rechts) besteht aus plasmonischen Nanopartikeln (links), die in Spots (mitte) angeordnet sind. Quelle: Leibniz-IPHT

Das Microarray (rechts) besteht aus plasmonischen Nanopartikeln (links), die in Spots (mitte) angeordnet sind. Quelle: Leibniz-IPHT