Sind wir kurz davor, außerirdisches Leben zu entdecken? Harvard-Astronom Prof. Dimitar Sasselov besuchte das Leibniz-IPHT und sprach darüber, wie nah uns neue Technologien der Antwort auf diese Frage bringen. Auf Einladung von Dr. Corinna Kufner, die mit ihrer neuen Nachwuchsgruppe am Leibniz-IPHT die Photochemie des Ursprungs des Lebens erforschen wird, erklärte Sasselov, wie das Licht ferner Sterne uns Hinweise auf Leben liefern könnte – und warum Jena für wissenschaftliche Durchbrüche bestens aufgestellt ist.


Wie bringen uns neue astronomische Entdeckungen der Lösung des Rätsels um den Ursprung des Lebens näher?

In der Astronomie geht es um die Beobachtung von Sternen und dem Universum im Großen. Wenn wir über Leben nachdenken, haben wir nur ein Beispiel – das Leben auf der Erde. Mittlerweile wissen wir jedoch, dass es auch andere Sterne und Planeten gibt, die unserer Erde ähnlich sind. In unserer Galaxie allein gibt es wahrscheinlich Milliarden von Sternen und noch mehr Planeten. Indem wir diese neu entdeckten Exoplaneten untersuchen, können Astronomen nach Anzeichen von Leben suchen, falls Leben in der Galaxie tatsächlich weit verbreitet ist.

Wie hilft uns das Licht ferner Sterne und Planeten, die Bedingungen zu verstehen, die zur Entstehung von Leben geführt haben könnten?

Wenn wir das Licht ferner Sterne und der sie umkreisenden Planeten mit unseren leistungsfähigsten Teleskopen analysieren, betrachten wir deren Spektrum – die Verteilung der verschiedenen Wellenlängen des Lichts, das von den Atmosphären dieser Planeten ausgeht. Falls diese Planeten der Erde ähneln, könnten sie molekulare Signaturen oder „Fingerabdrücke“ aufweisen, die sich in diesem Licht abzeichnen. Wir suchen nach bestimmten Molekülen, die mit einer Biosphäre in Verbindung stehen, wie etwa Sauerstoff oder Methan, die auf Leben hindeuten könnten.

Wie genau nutzen Wissenschaftler Licht, um Lebenszeichen im All aufzuspüren?

Mit unseren Teleskopen analysieren wir die molekularen Signaturen im Lichtspektrum der Atmosphären dieser Exoplaneten. Sauerstoff ist beispielsweise ein wichtiger Indikator für biologische Aktivität. Wir wissen, dass eine bestimmte Sauerstofflinie bei einer spezifischen roten Wellenlänge erscheint. Unsere Spektrographen und Teleskope entwickeln wir gezielt weiter, um solche Signaturen auf fernen Exoplaneten nachweisen zu können. Wenn wir sie finden, könnte das auf Leben hindeuten.

Wie nah sind wir heute dran, tatsächlich außerirdisches Leben zu entdecken?

Ich hoffe, wir sind sehr nah dran. Zum ersten Mal in der Geschichte der Astronomie und der Wissenschaft bauen wir hochmoderne Teleskope und Spektrographen, die speziell dafür entwickelt wurden, Anzeichen von Leben außerhalb unseres Sonnensystems zu entdecken. Ich glaube, dass wir in den nächsten 10 bis 20 Jahren entscheidende Ergebnisse sehen werden. Gleichzeitig suchen wir intensiv nach Hinweisen auf Leben innerhalb unseres eigenen Sonnensystems, und auch hier könnten in einem ähnlichen Zeitraum Durchbrüche erzielt werden. Es sind wirklich aufregende Zeiten.

Was für Leben könnten wir dort entdecken?

Wenn Astronomen die atmosphärischen Signaturen ferner Planeten untersuchen, ist es am wahrscheinlichsten, dass wir auf mikrobielle Biosphären stoßen – also Mikroben und möglicherweise auch Pflanzen. Aber vor allem Mikroben. Es gibt dafür zwei Gründe: Erstens sind Mikroben auch heute noch die Hauptquelle der nachweisbaren Gase auf der Erde. Zweitens wurde das Leben auf der Erde während der meisten ihrer 4 Milliarden Jahre von Mikroben dominiert, nicht von Tieren oder Pflanzen. Deshalb ist mikrobielles Leben am wahrscheinlichsten und am einfachsten nachzuweisen.

Wie ist Ihr erster Eindruck vom Optik- und Photonik-Standort Jena?

Mein erster Eindruck von Jena und der hier geleisteten wissenschaftlichen Arbeit ist sehr positiv. Jena mag im globalen Maßstab eine kleine Stadt sein, aber fast die Hälfte der großen Gebäude hier ist der Wissenschaft gewidmet, und viele weitere sind im Bau. Für mich ist das ein Zeichen großer Dynamik und einer vielversprechenden Zukunft für neue Entdeckungen. Ich bin beeindruckt.