In Zusammenarbeit mit GRINTECH wurde erstmalig eine Fasersonde am IPHT entwickelt, welche mithilfe einer sogenannten „Imaging-Faser“ multimodale Bilder von biologischem Gewebe erzeugt. Unter Verwendung eines geschickten Optikdesigns kommt die 8 mm große Sonde ohne bewegliche Bauteile und stromführende Leitungen aus, was die klinische Zulassung stark vereinfacht und Kosten senkt.

Von Ines Latka // Gregor Matz // Tobias Meyer // Hyeonsoo Bae // Aleksandar Lukic // Sebastian Dochow // Bernhard Messerschmidt // Michael Schmitt // Jürgen Popp

Das Durchschnittsalter der Bevölkerung steigt stetig: Alterung und Geburtenrückgang haben in den kommenden Jahrzehnten zunehmende Auswirkungen auf die Gesellschaft. Damit einhergehend wachsen die Anforderungen an die medizinische Versorgung. So nimmt die Zahl der Krebserkrankungen mit steigendem Alter stetig zu und ist weltweit bereits heute eine der häufigsten Todesursachen. Neue diagnostische und therapeutische Ansätze sind daher notwendig, um in der Zukunft eine optimale medizinische Versorgung zu gewährleisten und die damit verbundenen Kosten zu begrenzen. Dies kann am besten erreicht werden, indem Krebserkrankungen durch idealerweise nicht-invasive Untersuchungsmethoden so früh wie möglich erkannt und behandelt werden, da die Zeit eine Schlüsselrolle bei der erfolgreichen Behandlung von Krebs spielt. In diesem Zusammenhang ist es besonders wichtig, zwischen benignem und malignem Gewebe oder zwischen normalen und pathophysiologisch veränderten Zellen mit hoher lokaler Präzision zu unterscheiden, um insbesondere den Tumorrand erkennen zu können. Spektroskopische Bildgebungsverfahren sind in der Lage, diese Bedingungen zu erfüllen. Diese bildgebenden Verfahren eröffnen detaillierte Einblicke sowohl in die Morphologie als auch die molekulare Zusammensetzung und Funktion des Gewebes und bieten damit die Möglichkeit einer objektiven medizinischen Online-Diagnostik. Um das diagnostische Potential der Methode zu erweitern, hat es sich als sehr vorteilhaft erwiesen, mehrere spektroskopische Kontrastmechanismen in einem multimodalen Ansatz zu kombinieren. In den letzten Jahren zeigte das Leibniz-IPHT das große Potenzial der Kombination von CARS (kohärente Anti-Stokes-Raman-Streuung), SHG (zweite harmonische Generation) und TPEF (Zwei-Photonen-angeregte Fluoreszenz)-Mikroskopie zur Charakterisierung großer ex vivo Gewebestrukturen und zur Visualisierung von Tumorgrenzen.

Um den oben genannten multimodalen mikroskopischen Ansatz auch auf in vivo Anwendungen zur Untersuchung schwer zugänglicher Organe zu übertragen, ist es wichtig, die Implementierung der obengenannten mikrospektroskopischen Verfahren zur morphochemischen Gewebecharakterisierung in flexiblen Endoskopen zu untersuchen. Dem Leibniz-IPHT ist es gelungen, eine neuartige CARS / SHG / TPEF-Bildgebungs-Fasersonde in einem kompakten endoskopischen Design zu realisieren. Dazu wurde in Zusammenarbeit mit GRINTECH eine endoskopische Sonde entwickelt. Kern des Konzepts ist eine sogenannte „Imaging-Faser“ bestehend aus 10.000 Einzelkernen, die die räumliche Beziehung zwischen Eingang und Ausgang der Faser bewahren. Damit kann der Laser-Scanvorgang vom distalen zum proximalen Ende der Fasersonde verschoben werden, so dass im Sondenkopf weder bewegliche Teile noch elektrische Kabel notwendig sind, um eine multimodale Endoskopie in vivo zu realisieren. Zusammen mit GRIN-Linsen, Filtern und diffraktiven Korrekturelementen konnte ein sehr kompakter Sondenkopf mit 8 mm Durchmesser entwickelt werden (siehe Abbildung 1).1

Um multimodale Bilder zu erzeugen, wird das distale Ende der Imaging-Faser in die Fokusebene eines Laser-Scanning-Mikroskops (LSM) platziert. Die Faseroberfläche wird daraufhin von den Anregungslasern zeilenweise abgescannt, wobei das Scanmuster kohärent an das proximale Ende der Faser – den Sondenkopf – übertragen wird. Durch die integrierte Optik werden die Anregungslaser auf die Gewebeprobe fokussiert, während die Sonde in direktem Kontakt mit dieser gehalten wird. Die generierten Signale werden in rückwärtiger Richtung gesammelt und mit Hilfe einer Sammelfaser zu einem Mehrkanal-Detektionssetup geleitet. Abbildung 2 zeigt eine schematische Darstellung der Lasereinkopplung und Signaldetektion.

Mit der Sonde können simultan Multimodalbilder mit den Modalitäten CARS, SHG und TPEF einer Fläche von 0,15 mm² und mit einer Auflösung von < 10 µm innerhalb von wenigen Sekunden aufgenommen werden, so dass mit der handgehaltenen Fasersonde multimodale Bilder von unpräpariertem, menschlichem Hautgewebe in Echtzeit aufgenommen werden können. Die Auflösung wird durch die pixelierte Struktur bzw. den Kernabstand der Imaging-Faser vorgegeben, reicht jedoch aus, um sowohl die Morphologie als auch die molekulare Zusammensetzung einer Gewebestruktur darzustellen. Abbildung 3 zeigt eine LSM-Aufnahme von gesundem, menschlichem Hautgewebe (a) im Vergleich zu einer Aufnahme mit der Fasersonde (Abb. 3 b, CARS-Beitrag rot, SHG-Signale blau, TPEF-Anteil grün).

Insgesamt zeigt die Abbildung 3 eine starke Korrelation zwischen multimodalen LSM-Bildern und Aufnahmen, die mit der Sonde gemacht wurden. Die Morphologie wird trotz verringerter optischer Auflösung ausreichend gut dargestellt. Die Sonde stellt somit ihre Anwendbarkeit als endomikroskopisches Werkzeug für die nichtlineare, spektroskopische Bildgebung von biologischem Gewebe unter Beweis.

Im Vergleich zu bestehenden, endoskopischen Ansätzen besticht das vorliegende Sondendesign durch seine Einfachheit und Robustheit. Es kommt vollständig ohne bewegliche Teile und Stromversorgung im Sondenkopf aus, wodurch sowohl Risiken für den Patienten als auch die Hürden für eine klinische Zulassung verringert werden. Dies steht im Gegensatz zu dem bisher verbreiteten Einsatz von Piezoelementen zur Bilderzeugung mit nichtlinearen Fasersonden und bietet den Vorteil eines sehr robusten Designs mit kleinen Sondenkopfdurchmessern sowie einfachere Sterilisations- und Recyclingmöglichkeiten. Ziel ist es, in Zukunft Diagnosen deutlich schneller und präziser zu stellen, um eine möglichst frühe und personalisierte Therapierung zu gewährleisten.

Gefördert von: EU, TMWWDG, TAB, BMBF, DFG, FCI, Carl-Zeiss-Stiftung