Oberflächen und Strukturen von porösem Platin können unterschiedlicher nicht sein. Dank seiner unverwechselbaren Eigenschaften und Beschaffenheit ist das Edelmetall in vielen Bereichen, wie Astronomie, Physik oder Medizin, nicht wegzudenken. Forschende des Leibniz-­IPHT studieren das chemische Element und sein Design im Nanometermaßstab.

Fieber im Ohr messen, das Wetter auf dem Roten Planeten erkunden oder kritische Prozesse in Industrieumgebungen überwachen – berührungslos arbeitende Strahlungsthermometer finden in verschiedensten Anwendungen Einsatz. Ihre im Inneren verborgenen IR-Sensoren fangen einfallende Infrarot-Strahlung ein, wandeln sie lokal in Wärme um und generieren ein thermoelektrisches Signal, welches mit dem Temperaturunterschied skaliert und messbar ist. Auf diese Weise machen IR-Sensoren Wärme und Temperaturparameter sichtbar. Verstärkung erhalten diese Sensoren von lokal aufgebrachten Breitbandabsorberschichten, welche aus nanoporösem Platin bestehen. Diese ausgeklügelte Oberflächenveredlung kann die empfindlichen IR-Sensoren bei der Teilaufgabe, IR-Strahlung in Wärme umzuwandeln, unterstützen.

Eingefangenes Licht

„Porenfreies Platin absorbiert normalerweise nur geringe Anteile des einfallenden Lichts, ein Großteil wird reflektiert. Hochporöses Platin hingegen weist völlig veränderte optische Eigenschaften auf. So ist hochporöses Platin sehr absorptionsfähig und kann einfallende Strahlung fast vollständig aufnehmen. Sein Reflexionsvermögen, das heißt, die Fähigkeit, die Strahlung wie ein Spiegel zurückzuwerfen, ist dagegen äußerst gering“, erläutert Dr. Gabriel Zieger, Arbeitsgruppenleiter im Bereich Thermosensorik in der Abteilung Quantendetektion am Leibniz-IPHT.

Diese Eigenschaft macht poröses Platin als optisches Absorbermaterial über ein breites Wellenlängenspektrum interessant. „Seine feine Struktur, die durch seine Erhebungen und Vertiefungen unter dem Mikroskop blumenkohl-, farnartig oder kugelförmig mit unterschiedlichen Porengrößen und -verteilungen aussehen kann, vergrößert seine Oberfläche enorm. Durch diese spezielle Oberflächenstruktur hat die einfallende Strahlung kaum eine Chance, zu entkommen“, so Gabriel Zieger weiter.


Im Bild: Nanoporöses Platin zeichnet sich durch sein hohes Absorbtionsvermögen aus.

 Schicht für Schicht

Die Absorptionsfähigkeit von porösem Platin hängt vor allem von seiner Struktur und Dicke ab. Um das Wachstum von nanoporösen Platinschichten präzise zu steuern, untersuchten 2021 die Jenaer Forschenden die hinter dem Abscheideprozess stehenden Mechanismen. „Um hochlokalisierte Platinschichten elektrochemisch zu erzeugen, müssen zunächst leitfähige Muster, beispielsweise auf einem Substrat, erzeugt werden, auf dem die Beschichtung erfolgen soll. Die Beschichtung selbst findet in einem elektrolytischen Bad mit Platinchlorid statt. Durch Anlegen eines elektrischen Stromes lösen sich Metallionen im Bad und lagern sich selektiv an den zuvor definierten Strukturen an. Auf diese Weise wächst genau dort die nanoporöse Platinschicht“, erklärt Dr. Sarmiza Stanca, Wissenschaftlerin in der Arbeitsgruppe Thermosensorik.

Die Forschenden stellten fest, dass sich die Entstehung der Platinschichten gezielt manipulieren lässt: Entscheidende Faktoren für die Platinschichtdicke sind die angelegte Spannung sowie die Elektrolytkomposition. Auch eine Temperaturerhöhung kann den elektrochemischen Prozess und damit die Schichtdicke beeinflussen. Die Zeit spielt ebenso eine wichtige Rolle, denn je länger das Ausgangsmaterial in der Elektrolytlösung verbleibt, desto mehr wächst die Platinschicht. Entstehender Wasserstoff während der Elektrolyse beeinflusst zudem die Porösität des Platins. „Das Besondere ist, dass wir Platin mithilfe einer wasserfreien Elektrolyse wachsen lassen können. Dies ist vor allem für wasserempfindliche Sensormaterialien von Vorteil und bietet großes Potential für optoelektronische und viele weitere Anwendungen“, so Sarmiza Stanca.

Mit den gewonnenen Erkenntnissen zur exakten Steuerung des Platinwachstums, seiner Oberflächenstruktur, Porösität und Dicke können perspektivisch noch sensiblere IR-Sensoren mit optimaler Absorptionscharakteristik entstehen. Durch die Platin-Veredelung sind diese IR-Sensoren in der Lage, die zu detektierende Strahlung fast komplett zu absorbieren und in Wärme umzuwandeln, so dass sie noch feinere Details wahrnehmen können.