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Raman-Spektroskopie als Screening-Methode
14.07.2020
Die Raman-Spektroskopie hat das Potenzial, bei auf der Analyse von Körperflüssigkeiten basierenden Screening-Tests eingesetzt zu werden, da deren krankheitsbedingte Veränderungen ihrer biochemischen Zusammensetzung überwacht werden können. Die Spektralanalyse des Urins von Mäusen mit verschiedenen Störungen zeigte eine sehr genaue Diagnose von Krankheiten, die direkt mit der Urinbildung zusammenhängen, sowie Hinweise bei Atemwegserkrankungen.
Von Olga Žukovskaja // Thomas W. Bocklitz // Karina Weber // Jürgen Popp
Ziel der medizinischen Früherkennung ist es, Krankheiten in ihrem Frühstadium zu erkennen und damit die Chancen für eine erfolgreiche Behandlung zu erhöhen. Auf der Grundlage der von der Weltgesundheitsorganisation vorgegebenen Kriterien sollten Früherkennungstests einfach durchzuführen und zu interpretieren, sowie für das Gesundheitssystem kosteneffektiv und natürlich hochpräzise sein. Zu diesem Zweck ist die Analyse von Körperflüssigkeiten besonders attraktiv, weil sie unterschiedliche biochemische Informationen liefern, die auf eine entstehende Krankheit hinweisen können. Daher wäre die Entwicklung einer einfachen und kostengünstigen Technik, die in der Lage ist, diese Informationen zu liefern, für klinische Anwendungen vorteilhaft. In diesem Zusammenhang birgt die Raman-Spektroskopie bedeutendes diagnostisches Potential, da sie eine Momentaufnahme der biomolekularen Zusammensetzung der Probe sowie der Variationen darin liefert.
Um das Potenzial der Raman-Spektroskopie für das Screening zu untersuchen, wurden Urinproben betrachtet und zwei Gruppen von Tierkrankheitsmodellen einbezogen. Die erste Gruppe umfasste Krankheiten, die in direktem Zusammenhang mit der Urinbildung stehen (nämlich die distale renale tubuläre Azidose und den reversiblen nephrogenen Diabetes insipidus), während die zweite Gruppe Atemwegserkrankungen umfasste, die keinen direkten Zusammenhang mit der Urinbildung haben (Asthma und Aspergillose). Zur Erstellung eines diagnostischen Modells wurden Raman-Spektren vom Urin gesunder und kranker Mäuse gewonnen und mittels Hauptkomponentenanalyse und anschließender Diskriminanzanalyse untersucht. Die Zuverlässigkeit des Modells wurde mit einem „Leave-one-mouse-out“ Kreuzvalidierungsansatz bewertet.
Bei Nierenstörungen wurde eine 100%ige Klassifizierung nicht nur für die Unterscheidung zwischen gesunden und kranken Mäusen erreicht, sondern auch für die genaue Identifizierung der beiden in das Modell einbezogenen Nierenerkrankungen. Dies zeigt, dass Urin sehr aussagekräftig bezüglich der Krankheiten ist, die direkten Bezug zu seiner Entstehung haben. Die Raman-Spektroskopie ist dabei eine gute Technik, um diese Informationen „auszulesen“. Bei Atemwegserkrankungen, die keinen direkten Einfluss auf die Urinzusammensetzung haben, wurden viel geringere Unterschiede zwischen Kontroll- und erkrankten Mäusen registriert. Dennoch war die Raman-Spektroskopie vielversprechend bei der Diagnose. Beim Nachweis des allergischen Asthmas wurde eine Genauigkeit von 77,27% erreicht. Es ist jedoch erwähnenswert, dass aufgetretene Falsch-Negativ-Ergebnisse durch die Fähigkeit des Organismus zur Selbstregeneration verursacht worden sein könnten, da die verwendeten Urinproben an verschiedenen Tagen nach Auslösung des allergischen Asthmas gesammelt wurden. Bei der Analyse des Aspergillose-Modells wurden zunächst eine Sensitivität von 50% und eine Spezifität von 90% erreicht. Detailliertere klinische Daten zeigten jedoch, dass einige der infizierten Mäuse keine Infektion entwickelten, was zu Fehlklassifikationen führen könnte. Beim Neuaufsetzen des Modells nur mit Mäusen, bei denen eine akute Aspergillose diagnostiziert wurde, erreichte die Identifikationsgenauigkeit 100%.
Dies zeigt, dass die urinbasierte Raman-Spektroskopie nicht nur das Potenzial hat, ein schneller Screening-Test für die Diagnose von Funktionsstörungen der Harnwege zu sein, sondern auch Potential für das Screening von Krankheiten besitzt, die nicht direkt mit der Urinbildung zusammenhängen.
Gefördert durch BMBF