Bei der Selbstaggregierung von Proteinen können längliche verdrillte Strukturen entstehen, die eine hohe Biokompatibilität und interessante mechanische Eigenschaften aufweisen. Werden solche Nanofasern aus einer Proteinmischung generiert, kann eine Analyse auf der Nanometerskala mit der Spitzen-verstärkten Raman Spektroskopie (TERS) direkt nachweisen, ob beide Proteine in den Fasern enthalten sind.

Von Tanja Deckert-Gaudig // Volker Deckert

Eine Selbstaggregierung von Proteinen zu so genannten amyloiden Fibrillen wird meist mit neurodegenerativen Erkrankungen in Verbindung gebracht. Auf der anderen Seite weisen solche verdrillten Strukturen der Amyloid Fibrillen neben ihrer Biokompatibilität eine hohe Festigkeit auf, die für die Entwicklung neuer Wirkstofftransportsysteme und die Herstellung von Biosensoren genutzt werden können.

Ausgehend von Proteinmischungen können Hybrid-Nanofasern generiert werden, die die spezifischen Eigenschaften der einzelnen Komponenten kombinieren und nach außen hin neue Fasereigenschaften aufweisen. Für den Nachweis, dass am Aufbau dieser neuartigen Fibrillen tatsächlich beide Proteine beteiligt sind bedarf es einer Analysemethode, die sowohl sensitiv also auch spezifisch auf der Nanometerskale detektiert. In den letzen Jahren hat sich die Spitzen-verstärkte Raman Spektroskopie (tip-enhanced Raman spectroscopy- TERS) auf diesem Gebiet als sehr geeignet erwiesen. Das nanometergenaue Abrastern der Probe mit einer mit Silbernanopartikeln bedeckten Messsonde eines Rasterkraftmikroskops (AFM) bei gleichzeitiger chemischer Charakterisierung mittels der verstärkten Raman Spektroskopie ermöglicht es, sowohl die Sekundärstruktur als auch einzelne Aminosäuren auf der Fibrilloberfläche nanometergenau zu lokalisieren und zu klassifizieren. Entscheidend ist, dass hier die Probe nicht aufwändig mit Markern versehen werden muss, die wiederum die Fibrilleigenschaften modifizieren können. Zusammenfassend können auf diese Weise molekulare Strukturänderungen direkt mit einer räumlichen Auflösung von wenigen Nanometern erfasst werden.

In TERS Experimenten an Proteinfasern, die aus einer Mischung von Hämoglobin (HG) und menschlichem Serum Albumin (HSA) synthetisiert wurden, konnte mit obiger Methode nachgewiesen werden, dass beide Proteine in den Fasern enthalten sind. Die HG-HSA Hybridfasern wurden in ethanolischer Lösung bei 65 °C innerhalb von sieben Tagen generiert, wobei verschiedene Agglomerationsschritte durchlaufen wurden. Durch Aufbringen auf ein Glassubstrat wurden die Fasern für die TERS Messungen vereinzelt. Im ersten Schritt des Analyseverfahrens wurde die Topographie der HG-HSA Hybridfasern abgebildet (s. Abb. 1a). Anschließend wurden TERS Spektren an aufeinanderfolgenden Messpunkten im Abstand von jeweils 2.5 nm auf den einzelnen Nanofasern aufgenommen (Abb. 1b,c). Aufgrund der Spezifität und der hohen Ortsauflösung der Nahfeldmethode konnten Hämoglobin und Serum Albumin anhand von molekül-spezifischen Schwingungsbanden eindeutig zugeordnet und auf den Fasern lokalisiert werden. In Abb. 1c ist ein Ausschnitt aus einer TERS Messung entlang einer HG-HSA Hybridfaser gezeigt, in der die beiden Proteine gut von einander unterscheidbar sind. Die ersten sieben Spektren können HSA zugeordnet werden, während die darauffolgenden sieben Spektren die Charakteristika von HG aufweisen, die von den Banden der Hämgruppe bestimmt werden. Aufgrund der unter den Messbedingungen resonanten Anregung des HG Moleküls ist die Signalintensität drastisch gegenüber der von HSA erhöht. In allen aufgenommenen Datensätzen dominierte der HSA Anteil, was darauf schließen lies, dass das Grundgerüst der Mikrometer langen Hybridfasern aus HSA besteht, in das HG teilweise eingebaut wurde. Die TERS Spektren deuten zudem darauf hin, dass HG unregelmäßig auf den Fasern verteilt ist. Diese Annahme konnte in einer erfolgreichen Kooperation mit der Gruppe von Prof. Jandt vom Otto-Schott-Institut für Materialforschung der FSU Jena durch rasterelektronenmikroskopische Messungen nach Immunogold-Markierung der Proben bestätigt werden.

Die vielversprechenden Ergebnisse der Studie zeigen, dass es möglich ist, Nanofasern, die aus verschiedenen Proteinen bestehen, zu erzeugen. Es eröffnet sich damit die Möglichkeit, Hybridstrukturen als neue funktionelle Materialien zu entwickeln. Ein mögliches Einsatzgebiet für solche Strukturen stellt beispielsweise die Medizintechnik dar, in der die Biokompatibilität eine große Rolle spielt.

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