Formanisotrope Edelmetall-Nanopartikel aus Silber zeigen innerhalb von Stunden eine starke Korrosion, insbesondere an den Ecken. Dadurch verändern sich die spektroskopischen Eigenschaften der Partikel gravierend, womit die Eignung für eine optische Sensorik nicht mehr gegeben ist. Die Rasterkraftmikroskopie als hochauflösende Methode erlaubt in Kombination mit der Mikrospektroskopie eine Aufklärung der Kinetik dieser Korrosion im Nanometerbereich.

Silber-Nanostrukturen zeichnen sich durch ihren hohen Absorptions- bzw. Streuquerschnitt als geeignete optische Sensormaterialien aus. Leider sind die optischen Eigenschaften dieser Nanostrukturen oft zeitlich instabil.

Insbesondere formanisotrope Nanopartikel, wie z. B. monokristalline dreieckige Silber-Nanoprismen, zeigen Korrosionsprozesse (Abb.1), was die Verwendung solcher Partikel in optischen Sensoren als Signalwandler (LSPR-Sensorik) ausschließt. Um diese Korrosion zu untersuchen, wurden Silber-Nanoprismen mittels korrelativer, lateral hochauflösender Methoden – wie Mikro-UV-VIS-Spektroskopie und Rasterkraftmikroskopie (AFM) – über einem Zeitraum von 24 Stunden unter Laborbedingungen auf Einzelpartikel-Ebene charakterisiert. 

Abb.1:
Kristallschema und Transmissions-Elektronenmikroskopische Aufnahme von Silberprismen

Abb.2:
Optische (a/b) und morphologische Änderungen (c/e) der Silberprismen nach 24 h. a/b: Dunkelfeld-mikroskopische Aufnahme von Silberprismen frisch präpariert und nach 24 h. c/e: AFM-Aufnahmen korrelierend zu a und b. d: 3D-AFM-Aufnahme eines Nanoprismas frisch präpariert und nach 24 h

Schon nach wenigen Stunden sind an den Spitzen dieser Partikel deutliche Veränderungen durch Materialaufwuchs (rechts in Abb. 2 D) zu erkennen. Diese Materialablagerung auf den Ecken der Dreiecksprismen geht einher mit einer teilweisen Rückbildung der ursprünglichen Prismenform (z. B. zu einer Scheibe oder kompletter Degradierung). Zur Beschreibung dieser Veränderungen wurde ein Korrosionsparameter eingeführt, welcher die zeitliche Änderung der maximalen Höhe gegenüber der Durchschnittshöhe der Prismen beschreibt (CPn(t) = CP(t)/CP(0)). Die AFM-Daten zeigen, dass bei allen Partikeln eine Korrosion innerhalb von ca. 10 Stunden auftritt und zumeist innerhalb einer Stunde abgeschlossen ist. Der zeitliche Beginn dieser Korrosion erscheint stochastisch.

Ein dreieckiges Silber-Nanoprisma besteht aus drei kristallinen Schichten mit einer Flächennormalen parallel zu den Dreiecksseiten. Die beiden äußeren Schichten werden aus kubisch-flächenzentrierten (fcc) Kristallstrukturen mit wenigen Defekten gebildet (Abb. 1). Die mittlere Schicht entspricht eher einer hexagonal dichtesten Kugelpackung (hcp) mit vielen Defekten. Die Korrosion beginnt anscheinend an den Defekten in dieser hcp-Schicht, die nur an den Außenkanten der Partikel zugänglich sind.

Die Zugänglichkeit ist dabei an den Spitzen am größten, was den Korrosionsstartpunkt dort erklären könnte (Abb. 3). Während der starken Phase der Korrosion sind die Silberatome der hcp-Schicht beteiligt und die Ablagerung wächst isotrop (als Kugel) mit zunehmendem Volumen. Das Wachstum verlangsamt sich bis zum Stillstand, wenn weitere Silberatome in der hcp-Schicht nicht mehr effizient zur Position des Oberflächen-Gitterplatzes diffundieren können. Ein ähnlicher Effekt in Form ausgehöhlter dreieckiger Partikel wurde bei einem galvanischen Ersatz von Silber durch Gold beobachtet.

Abb.3:
Spektrale Änderung während der Korrosion und FEM-Simulation zur möglichen Erklärung des Einbruchs der LSPR-Peaks der Nanoprismen

Diese morphologischen Veränderungen resultieren in einer Verschiebung der plasmonischen spektralen Eigenschaften. Dies wurde bei der Charakterisierung der Nanopartikel mittels Mikrospektroskopie deutlich (Abb. 3a). Dabei wurde das Streuspektrum von Einzelnanopartikeln jeweils vor und nach der Korrosion ermittelt. Über den Zeitraum von ca. 20 h verzeichnen die Spektren einen deutlichen Einbruch des ursprünglichen Partikelplasmonenresonanz-Maximums bei ca. 700 nm. Diese spektralen Änderungen kann man mit Simulationen der elektromagnetischen Eigenschaften mittels Finite Element Methode (FEM) erklären, wenn man ein Wachstum von sphärischen Erhöhungen an den Spitzen der Prismen annimmt (Abb. 3b). Den Einbruch der Plasmonresonanzen kann man auf die starke Dämpfung des lokalisierten elektromagnetischen Feldes in der Auswölbung zurückführen.

Diese Beobachtungen bestätigen das kristallographische Modell dieser Partikel mit einer teilweise defekten hexagonal dicht-gepackten Schicht. Zukünftig könnten diese Resultate Materialwissenschaftlern beim Design stabilerer Silbernanopartikel helfen. Darüber hinaus kann die beschriebene korrelative Technik verwendet werden, um die Kinetik der Korrosion im Nanometerbereich anderer Materialien zu klären.