Eine aktuelle Studie legt nahe, dass rund 2,3 Milliarden Smartphones aktiv genutzt werden, wovon die meisten von ihnen mit hochwertigen Kameras und leistungsstarken CPUs oder sogar GPUs ausgestattet sind. Dies eröffnet neue Möglichkeiten, die vorhandenen Rechen- und Bildgebungsressourcen in Einwegmikroskopen zu sehr geringen Kosten einzusetzen. Anwendungen für diese Geräte reichen von medizinischer Diagnose in Entwicklungsländern über Bildungsanwendungen in Schulen oder Universitäten bis hin zu biologischen Labors mit hoher Biogefährdung. In unserer Arbeitsgruppe wurde ein günstiges 3D gedrucktes Phasenkontrastmikroskop entwickelt. Dies ermöglicht unter anderem eine Detektion von Parasiten im Trinkwasser für unter 100 Euro.

Von Rainer Heintzmann // Benedict Diederich

Viele Proben, z.B. biologische Zellen oder wassergeborene Parasiten, sind fast vollständig transparent. Da sie nur die Phase des Lichts verändern, sind sie in der Hellfeldmikroskopie nahezu unsichtbar. Verfahren zur mikroskopischen Kontrastverstärkung oder Probenfärbung sind kaum verfügbar oder entsprechend teuer und aufwändig durchzuführen.

Ein Ansatz, um den Phasenkontrast und damit die Sichtbarkeit dieser Proben in der Mikroskopie zu erhöhen, ist die Ausnutzung einer maßgeschneiderten Beleuchtung, wie sie aus der Computerlithographie bekannt ist.

Unser Ziel ist es, einen solchen optischen Aufbau zu sehr niedrigen Kosten zu realisieren, wobei auf Massenprodukte zurückgegriffen werden soll. Handy-Objektive werden hierbei beispielsweise als Mikroskopobjektiv, LED-basierte Videoprojektoren aus dem Konsumerbereich als räumliche Lichtmodulatoren (SLMs) eingesetzt.

Das vollautomatische portable Setup wird von einer selbstentwickelten Smartphone-App (APP) gesteuert und ist für weniger als 100 € zu haben. Um eine korrekte Ausrichtung der optischen Komponenten zueinander zu gewährleisten ist das quell-offene CAD Design des Gehäuses mit einem  einem handelsüblichen 3D Drucker gefertigt.

Die vorgeschlagene Vorrichtung ist in der Lage, den Phasengradienten unter Verwendung des differentiellen Phasenkontrastverfahrens (DPC) [HSW84, Ryd06] oder Phase quantitativ unter Verwendung des abgeleiteten qDPC-Ansatzes [TW15b] zu vermessen. Zusätzlich können die qDPC-Bilder in eine Routine eingegeben werden, um ein Lichtquellenmuster für einen optimierten probenspezifischen Phasenkontrast (z.B. Epithelzellen) zu finden.

Die Echtzeit Datenanalyse wird durch Anwendung von maschinellen Lerntechniken, wie z. B. einem convolutional neural network (CNN), sichergestellt. Somit ist der Rechenaufwand im Vergleich zur iterativen mathematischen Optimierung reduziert. Der entwickelte Algorithmus nutzt einen zuvor generierten Datensatz und lernt daraus eine Beziehung zwischen zu untersuchenden Proben und ihren optimalen Lichtquellenformen, die den Phasenkontrast verbessert.

In unserer Studie haben wir gezeigt, dass die Wirkung einer veränderten Lichtquellenform mit dem vor trainierten CNN nicht nur den Phasenkontrast verbessert, sondern auch die optische Auflösung visuell verbessert. Das Ganze geschieht ohne spezielle Optiken und kann an jedes konventionelle Mikroskop nachgerüstet werden.

Gefördert von: Freistaat Thüringen, Carl Zeiss Microscopy GmbH