Es wird erwartet, dass moderne Technologien von Quanteneffekten wie Verschränkung oder Unschärfe profitieren und eine technologische Revolution durch deren Realisierung ansteht. Eine wichtige Schlüsseltechnologie ist die Detektion von Mikrowellenphotonen. Wir haben ein Konzept für die Realisierung entwickelt, einen Prototypen experimentell untersucht und dessen Einsatzmöglichkeiten näher betrachtet.

Von GREGOR OELSNER // EVGENI IL’ICHEV // UWE HÜBNER

Moderne Quantentechnologien haben in den letzten Jahren ein wachsendes Interesse bei Industrie und Wissenschaft geweckt. Im Gegensatz zu Quantentechnologien der ersten Generation wie Lasern, Einzelelektronentransistoren, Atomuhren oder supraleitenden Quanteninterferenzgeräten – um nur einige zu nennen – erwartet man von der aktuellen Generation das Ausnutzen wichtiger Quanteneffekte wie Verschränkung, Superposition, Unschärfe oder die Manipulation eines einzelnen Quantenobjektes bzw. ganzer Ensembles. Das Interesse großer Technologieunternehmen wie Google oder Intel konzentriert sich auf Quanten-Computing mit möglichen Anwendungen bei der Analyse großer Datenmengen, maschinellem Lernen oder künstlicher Intelligenz. Supraleitende Quantensysteme gelten hierbei als technologische Basis, da sie von einer guten Steuer- und Skalierbarkeit sowie einem hohen Integrationsgrad profitieren.

Tatsächlich wurde eine große Anzahl makroskopischer Quanteneffekte an solchen supraleitenden Schaltungen beobachtet, deren Grundelement das supraleitende Qubit darstellt. Es kann sich sowohl wie ein Quantenbit als auch wie ein künstliches Atom verhalten. Zu ihrer effektiven Handhabung wurde eine Vielzahl experimenteller Techniken bei Mikrowellenfrequenzen entwickelt. Eine wichtige Schlüsseltechnologie, nämlich die Detektion einzelner Mikrowellenphotonen, ist jedoch noch nicht verfügbar.

Um diese Hürde zu überwinden, haben wir ein neues potentielles Detektionskonzept demonstriert. Es basiert auf einem einzelnen Josephson-Kontakt mit Vorspannung, welcher einen koplanaren Wellenleiter-Resonator überbrückt. Die hysteretische Strom-Spannungs-Kennlinie dieses Kontaktes ermöglicht die Detektion der kleinen Stromschwingungen, die durch das Photon im Inneren der Kavität erzeugt werden und gewährleistet darüber hinaus die Dissipation des Photons nach der Detektion. Die Detektion erfolgt also durch Umschalten des Kontaktes vom supraleitenden in den Spannungszustand. Ein Alleinstellungsmerkmal der vorgeschlagenen Methode liegt im Detektionsprozess. Während normale Photonendetektoren auf der Energieübertragung durch die Anregung höherer energetischer Zustände basieren, kann unser Konzept theoretisch im Rahmen der Modulation des Potentials des Kontaktes diskutiert werden. Daher kann eine experimentelle Charakterisierung neben der einfachen Anwendung in der Photonen-Detektion neue grundlegende Erkenntnisse über die Natur der Quantenmessung liefern.

In einer ersten experimentellen Analyse [1] wurde die Dynamik eines solchen Prototyps getestet. Die Schaltung wurde am Leibniz IPHT mit etablierten Methoden zur Fertigung von Josephson-Kontakten in Submikrometergröße hergestellt [2]. Dabei gilt, dass für die Beobachtung von Quanteneffekten in solch supraleitenden Schaltungen derartige kleinskalige Kontakte eine wesentliche Voraussetzung sind. Auch erlaubt die gleiche Herstellungstechnik die direkte Einbettung der Detektion einzelner Photonen in die Quantenschaltung.

Im Experiment [1] wurde der Detektor durch die Ermittlung der Schaltstrom-Histogramme für verschiedene Steuerungsparameter charakterisiert. Dazu gehören Temperatur sowie Frequenz und Amplitude eines Mikrowellensignals, das als Testsignal an die Kavität angelegt wird. Im Gegensatz zu bereits durchgeführten Untersuchungen an isolierten Josephson-Kontakten hat die Probentemperatur auch Einfluss auf die Population der Kavitätsmoden. So wurde im Experiment ungewöhnliche Temperaturabhängigkeiten des mittleren Schaltstroms und dessen Verteilung beobachtet, siehe Abbildung 1.

Wie oben bereits erwähnt, erzeugt ein angelegtes Mikrowellensignal einen HF-Strom im Inneren des Resonators und am Josephson-Kontakt. Aufgrund der Resonanzbedingung mit der Kavität ist dieser Strom sowohl von der angelegten Mikrowellenleistung als auch der Frequenz abhängig. Letztere wird durch die vorspannungsabhängige, nichtlineare Charakteristik der Josephson-Induktivität modifiziert. Diese kombinierte Dynamik führt zu einer Vielzahl unterschiedlicher Formen bei der Schaltstromverteilung für unterschiedliche Versuchsparameter. Beispielkurven sind in Abbildung 2 dargestellt. Wie laut Theorie erwartet, weisen diese unterschiedliche Merkmale auf, bspw. schmalere Verteilungen für große Amplituden, spitze Charakteristiken, ungewöhnlich geformte Verteilungen oder dynamische Verzweigungen.

Um das Potential des beschriebenen Detektionskonzeptes für optimale Mikrowellenfrequenzen abzuschätzen, wird die Mikrowellenamplitude weiter verringert. Angelegte Leistung und Design der Probe erlauben eine Abschätzung der mittleren Photonenzahl in der Kavität. Wir konnten zeigen, dass der Empfindlichkeitsparameter (siehe Abbildung 3), definiert als die Verschiebung des mittleren Schaltstroms geteilt durch die Breite seiner Verteilung, selbst auf Ebene eines im Mittel einzelnen Photons im Inneren des Resonators immer noch 0,5 erreicht. Oberhalb von zehn mittleren Photonen liegt diese Empfindlichkeit bereits bei über 80%. Darüber hinaus wurde eine direkte Proportionalität zwischen der Verschiebung des mittleren Schaltstroms und der angelegten Mikrowellenamplitude gefunden. Dies unterlegt die Besonderheit des Messprozesses und verspricht interessante Dynamiken bei der Detektion von nicht-klassischen Lichtzuständen.

Weitere Arbeiten sind erforderlich, um die Empfindlichkeit zu verbessern bzw. zu klären, ob 0,5 eine fundamentale Grenze ist. Auch ist geplant, die Quanteneffizienz an einem verbesserten Aufbau zu bestimmen. Für eine optimale Quanteneffizienz ist es notwendig, die Breite der Schaltströme zu reduzieren und die Einkopplung in den Resonator zu verbessern bzw. Einzelphotonenzustände im Resonator zu erzeugen. Ein Multiplexing-Schema, das die Detektion der Farbe der Eingangsphotonen und eine Verbesserung der Vorspannungs- und Ausleseschaltung für den Kontakt mit dem Ziel einer realen Photonenzählung ermöglicht, ist ebenfalls denkbar.