Wie wichtig Kommunikation ist, zeigt sich im täglichen Miteinander: Sie dient dem Informationsaustausch, um Gefühle auszudrücken, Probleme zu lösen oder Erfolge zu feiern. Kommunikation ist essentiell, um in Kontakt zu treten und in Balance zu bleiben. Doch nicht nur für uns Menschen ist Kommunikation unentbehrlich, auch für das Mikrouniversum ist sie von entscheidender Bedeutung. Die Erforschung der Interaktion und Kommunikation von Mikroorganismen ist Gegenstand des Jenaer ­Exzellenzclusters Balance of the Microverse.

Kleinstlebewesen können zu Millionen den menschlichen Körper besiedeln – ob auf der Haut oder als Teil der natürlichen Darmflora. In den meisten Fällen sind sie für den gesunden Menschen völlig ungefährlich und tragen zur unserem Wohlbefinden bei. Doch bei Menschen mit einem schwachen Immunsystem können manche eigentlich harmlose Organismen Krankheiten hervorrufen. Auch das Artensterben bestimmter Pflanzen oder die Verunreinigung von Gewässern durch unerwartetes enormes Algenwachstum sind weitere Indizien für in der Natur plötzlich entstehende Dysbalancen, die enormen Einfluss auf das Funktionieren und die Gesundheit ganzer Ökosysteme haben.
 
Die Ursachen solcher Ungleichgewichte im Zusammenleben von Mikroorganismen versuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Jena im Balance of the Microverse Exzellenzcluster (Gleichgewicht im Mikroversum) aufzudecken. Im Mittelpunkt ihrer Forschung stehen dabei die kleinsten Lebewesen – die Mikroorganismen. Diese leben in mikrobiellen Gemeinschaften zusammen, sogenannten mikrobiellen Konsortien bestehend aus einer Vielzahl winzig kleiner Organismen. Sowohl im menschlichen Mikrobiom als auch in Gewässern oder in der Pflanzenwelt bilden sie komplexe Verbünde, in denen sie miteinander und mit ihrer Umwelt über molekulare Botenstoffe interagieren und kommunizieren. Ihr Zusammen- und Wechselspiel wird von den zehn am Exzellenzcluster beteiligten Forschungseinrichtungen untersucht.
 
„Wie entstehen in solchen mikrobiellen Universen harmonische Gleichgewichte, die für ein Funktionieren einer gesunden Umwelt essenziell sind? Welche Schlüsselfaktoren bringen diese Gleichgewichte ins Wanken und führen zu negativen Effekten für den Menschen und ganze Ökosysteme? Und über welche regulierenden Mechanismen verfügen mikrobielle Konsortien, um sich nach einer Störung wieder zu regenerieren? Mit all diesen Fragen beschäftigt sich das Exzellenzcluster Balance of the Microverse. Um darauf Antworten zu finden, stellen wir als Leibniz-IPHT mit Mikroskopie und Spektroskopie hochauflösende und hochsensitive Bildgebungsmethoden bereit oder entwickeln diese gemeinsam mit den beteiligten Partnern stetig weiter. Damit schaffen wir die technologischen Voraussetzungen, um einen Einblick in die Kommunikation der Kleinstlebewesen gewinnen zu können“, erklärt Prof. Dr. Christian Eggeling, Leiter der Forschungsabteilung Biophysikalische Bildgebung am Leibniz-IPHT und Teilprojektleiter im Exzellenzcluster.

Zu diesem Verständnis wird das im Aufbau befindliche Microverse Imaging Center beitragen. 
Das hochmoderne Mikroskopiezentrum für bildgebende Technologien soll die beteiligten Einrichtungen des Clusters auf ihrer Entdeckungsreise durch den Mikrokosmos unterstützen. In diesem finden Forschende nicht nur kommerzielle Raman-spektroskopische und mikroskopische Instrumente zur Beantwortung ihrer Forschungsfragen, sondern es entstehen im Imaging Vision Room in enger Zusammenarbeit mit den Optik-Expertinnen und -Experten des Leibniz-IPHT auch neue zukunftsweisende Lösungen.
 
„Unsere Bioimaging-Methoden sowie die damit gewonnenen Erkenntnisse des Wechselspiels der Mikroorganismen eröffnen neue Potentiale, zum Beispiel für die Erforschung alternativer Heil- und Behandlungsmethoden für Krankheiten, die infektiöse Erreger gezielt bekämpfen, während für das Immunsystem unverzichtbare Bakterien nicht angegriffen werden und damit die Balance im Mikrobiom erhalten bleibt“, so Prof. Dr. Christian Eggeling.
 
Angeschlossen an das Exzellenzcluster ist die Jena School for Microbial Communication (JSMC) an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Die Exzellenz-Graduiertenschule unterstützt mit einem umfassenden interdisziplinären Trainingsprogramm den wissenschaftlichen Nachwuchs auf seiner akademischen Karriere. Dokorandinnen und Doktoranden erhalten mit verschiedenen Workshops, Schulungen und Forschungsaufenthalten die ­Möglichkeit zur Weiterbildung und Vernetzung sowie zum wissenschaftlichen Austausch.
 
Das Balance of the Microverse Exzellenzcluster wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit 38 Millionen Euro gefördert.
 
Weitere Informationen zum Balance of the Microverse: www.microverse-cluster.de

Weitere Informationen zur Jena School for Microbial Communication (JSMC): www.jsmc-phd.de

Im Bild:
Das linsenlose interferometrische Streumikroskop wurde im Rahmen des Microverse Imaging Center von 
Dr. Ondrej. Stranik (links im Bild) und Prof. Dr. Rainer Heintzmann (rechts im Bild) aus der Forschungsabteilung ­Mikroskopie entwickelt. Das äußerst kompakte optische System ermöglicht es, labelfrei die Verteilung von ­Molekülen und Bakterien zu bestimmen und damit das Zusammenspiel zwischen Mikroorganismen über ihre ­molekularen ­Botenstoffe zu verstehen.  
©Sven Döring

Projekte des Leibniz-IPHT im Rahmen des ­Exzellenzclusters Balance of the ­Microverse

Microverse Imaging Centre // 
­
Investigation of Microbial ­Interactions Using Raman Spectroscopy //
High-throughput Multicontrast Spectroscopic Imaging Platform

Prof. Dr. Jürgen Popp,
wissenschaftlicher Direktor und Leiter der Forschungsabteilung ­Spektroskopie / Bildgebung am Leibniz-IPHT
 

Microverse Imaging Centre // ­
Quantitative Imaging of Microbial ­Dynamics in Organ-on-chip ­Models //
Molecular Communication ­Involving Membranes and Lipid Rafts

Prof. Dr. Christian Eggeling,
Leiter der ­Forschungsabteilung Biophysikalische Bildgebung am Leibniz-IPHT

Microverse Imaging Centre //
Etalon-enhanced Mapping of Small Molecules

Prof. Dr. Rainer Heintzmann,
Leiter der ­Forschungsabteilung Mikroskopie 
am Leibniz-IPHT