Ultrakurze Laserpulse sind eine maßgebliche Innovation des 20. Jahrhunderts, die aufgrund ihrer extremen Bestrahlungsstärke oder ihres präzisen Zeitmaßstabs verschiedenste Arten von Mess- und Fertigungsgewerken beeinflusst haben. Wiewohl mannigfaltige Mechanismen und Vorrichtungen entwickelt wurden, um einen solchen Ultrakurzpulsbetrieb zu bewirken (sogenannte materielle oder künstliche sättigbare Absorber) weisen sie inhärente Defizite auf, die eine massenhafte Verbreitung erschweren – z. B. im kostensensiblen Feldeinsatz bei der Überwachung von Umwelt oder Kulturerbe sowie im biomedizinischen Sektor mit seinen sehr hohen Zuverlässigkeitsanforderungen.

So sind die in der Industrie weit verbreiteten „SESAMs“ auf eine gewisse Wellenlänge beschränkt und eignen sich am besten für Laser mit einer Wellenlänge von etwa 1 µm. Sie sind nicht nurfaserkompatibel, so dass vom SESAM zurück in die Faser gekoppelt werden muss und degenerieren mit der Zeit, was zusätzliche Kosten für Neukalibrierung und Wartung verursacht. Das sogenannte Nurfaserdesign ist aufgrund seines wartungsfreien Betriebs und seiner Platzersparnis von Vorteil, da keine Freistrahlkopplung in den winzigen Kern einer Faser (~ 5-10 µm) erforderlich ist. Für wissenschaftliche Rekordexperimente wird häufig ein künstlicher sättigbarer Absorber (sogenannte nichtlineare Polarisationsrotation) verwendet, der leider von Natur aus instabil gegenüber veränderlichen Umgebungsbedingungen ist, weswegen diese Technik für Anwendungen außerhalb des Labors ungeeignet ist. In den letzten Jahren hat diese Lücke Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dazu veranlasst, eine Reihe neuer Materialien zu entwickeln, die als sättigbare Absorber dienen können (die sogenannten 2D sättigbaren Absorber), wobei alle eine relativ niedrige Zerstörschwelle aufweisen.

Abbildung 1:
Vorteile der Selbstmodenkopplung (SML) im Vergleich zu herkömmlichen Vorrichtungen

Ultrakurze Pulse ohne Modulator/sättigbaren Absorber

Mit anderen Worten, es besteht ein ernsthafter Bedarf an verbesserten sättigbaren Absorbern. Was aber, wenn man gar keinen zusätzlichen sättigbaren Absorber bräuchte? Mit der sogenannten Selbstmodenkopplung könnte dies möglich sein, denn sie zeichnet sich dadurch aus, dass außer der ohnehin vorhandenen aktiven Faser keine weiteren Vorrichtungen erforderlich sind. In der Tat wurde in früheren Arbeiten bereits nachgewiesen, dass eine nicht angeregte Thulium:Faser eine nichtlineare sättigbare Absorption aufzuweisen vermag, aber leider ist dieser Effekt bisher nur in geringem Umfang beobachtet worden. Damit einher ging zur Erhöhung der Nichtlinearität die Verlängerung des Laserresonators um einige Dutzend Meter Standard-Monomode-Faser, welche ihrerseits die Dispersion im Resonator soweit ansteigen ließ, dass der für die Erzeugung eines stabilen Pulses notwendige Gleichgewichtszustand beider Effekte (sogenannter Soliton) nur noch Pulse von deutlich mehr als einer Pikosekunde erlaubte; zudem wird eine langsame Pulswiederholrate erzeugt.

Im Gegensatz dazu haben Forschende des Leibniz-IPHT auf der Suche nach Möglichkeiten zur Verringerung der Kosten, des Platzbedarfs und der Anfälligkeit dieser Laser herausgefunden, dass die sättigbare Absorption einer Thulium:Faser durch das gezielte Einbringen von Thulium-Clustern verstärkt werden kann. In diesen Clustern ist ein gewisser Prozess (die sogenannte Energietransfer-Aufkononversion) wahrscheinlicher. Dieser Verlustprozess nimmt jedoch mit der eingestrahlten Leistung und der damit einhergehenden Besetzung höherer Thulium-Niveaus ab, was der Funktionsweise eines sättigbaren Absorbers ähnelt. Es wurde daher die These aufgestellt, dass durch eine Erhöhung der Cluster in der Thulium:Faser auch der Selbstmodenkopplungs-Effekt verbessert werden kann. Um diese Hypothese zu erproben, arbeitete das Leibniz-IPHT mit der französischen Firma iXblue Photonics zusammen, die Fasern zur Verfügung stellte, welche wegen zu vielen Clustern aussortiert worden waren, sowie mit einer Gruppe des Instituts für Photonik und Elektronik der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Prag unter der Leitung von Prof. P. Peterka, unterstützt durch ihre Fasercharakterisierungsanlage und die detaillierte Analyse von Energieprozessen in aktiven Fasern. Die verschiedenen Faserproben wurden hinsichtlich unterschiedlichster Eigenschaften (Brechungsindexprofil, Fluoreszenzlebensdauer und ihre nichtlineare sättigbare Absorption bei verschiedenen Längen und Wellenlängen) eingehend charakterisiert. Zur Abschätzung des Anteils an Clustern wurde eine der einzigen bekannten nicht sättigbaren Absorptionsmessungen an Thulium:Fasern durchgeführt. Das beste Eigenschaftsprofil wird mit einer mit circa 20% Clustern ausgestatteten Thulium:Faser erzielt.

In Laserexperimenten mit dieser Thulium:Faser gelang es den Forschenden zum ersten Mal, die Pikosekundengrenze mittels eines selbstmodengekoppelten Thulium:Faserlasers zu durchbrechen. Tatsächlich konnten durch ein erfreulich schlankes Nurfaser-Ringdesign, das nur die notwendigsten Komponenten enthält (vgl. Abbildung 3: ein Pumplasereingang, eine 80%ige Auskopplung, ein unidirektionales und polarisationssteuerndes Element, das komplett aus Standard-Monomode-Fasern besteht), folgende beachtlichen Leistungswerte erreicht werden: Eine Pulsdauer von nur 350 fs mit einer schnellen Repetitionsrate von 45 MHz und einer mittleren Leistung von bis zu 80 mW. Dies entspricht circa 1 nJ Pulsenergie, was bereits nahe der Obergrenze des verwendeten Pulsregimes liegt. Die Leistungswerte entsprechen den mit anderen SAs möglichen, der entscheidende Fortschritt liegt dagegen in der Konstruktion des Lasers selbst. Dank weniger Komponenten kann dieser kostengünstiger und robuster als die konventionellen Konzepte gebaut werden, zudem erlaubt das Konzept einen höheren Freiheitsgrad bei der Gestaltung der Laser, insbesondere hinsichtlich der Signalwellenlänge.

Abbildung 2:
Schematische Darstellung des entwickelten selbstmodengekoppelten abstimmbaren Faserlasers

Weite Wellenlängenabstimmbarkeit ohne spektrale Filterung

Ein zweites Merkmal, an dem die Forschenden gearbeitet haben, ist die Durchstimmbarkeit der Signalwellenlänge, die für viele Anwendungen in der Spektroskopie von großer Bedeutung ist. Da das oben beschriebene Selbstmodenkopplungs-Prinzip keine Wellenlängenabhängigkeit aufweist, eignet es sich im Gegensatz z. B. zu einem SESAM für diesen Zweck. Die breite Fluoreszenz der Thulium:Faser von etwa 300 nm und mehr, übertroffen nur von der Dysprosium:Faser im mittleren Infrarotbereich, macht sie zu idealen aktiven Medien für einen wellenlängenabstimmbaren Ultrakurzpulslaser. Leider sind abstimmbare Filter jenseits der Standardlaserwellenlängen in einem schmalen Band um 1 und 1,5 µm kaum zu erwerben, vor allem wenn man bedenkt, dass für Ultrakurzpulslaser neben dem Zentrawellenlängenversatz auch ein breiter Durchlassbereich erforderlich ist. Außerdem sind diese Vorrichtungen in der Regel freistrahlgekoppelt und daher anfällig für Erschütterungen. Betrachtet man nur die robusteren Nurfaserlösungen, so ist die realisierte Wellenlängenverschiebung im Allgemeinen auf einige bis wenige Dutzend Nanometern begrenzt.

Wird jedoch die besondere Niveaustruktur der Thulium:Faser so ausgenutzt, dass ihr Absorptions- und Emissionswellenlängenspektrum durch Änderung des Grades an angeregten Thulium-Ionen verschoben wird, kann die Laserwellenlänge auch ohne Spektralfilter eingestellt werden. Dazu fügten die Forschenden der oben beschriebenen Experimentalanordnung ein spezielles Nurfasergerät hinzu, dessen Kopplungsverhältnis durch den Abstand von zwei D-förmigen Fasern zwischen 10 und 90 % einzustellen ist. Der Anregungsgrad der Thulium-Ionen wird mithin durch Variation der Leistung im Resonator über das Verhältnis der Auskopplung festgelegt.

Während das Auskoppelverhältnis kontinuierlich verstellt wird, verschiebt sich die zentrale Wellenlänge unter Beibehaltung der Modenkopplung ununterbrochen um bis zu 90 nm (1870-1960 nm) (vgl. Abbildung 4). Somit werden die Ergebnisse früherer Arbeiten an Dauerstrich-Thulium:Lasern mittels dieser Methode fast verdoppelt; zudem sind erstmalig beide Methoden in einem Laser kombiniert.

Abbildung 3:
Charakteristische Autokorrelationskurve des ultrakurzen Pulses und Spektrumabstimmbereich

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich beide Prinzipien aufgrund ihrer Universalität und Kosteneffizienz auch auf andere Spektralbereiche, in denen es noch an geeigneten sättigbaren Absorbern und abstimmbaren Spektralfiltern mangelt, gewinnbringend transferieren ließen. Als Beispiel sei nur der zukunftsweisende mittlere Infrarotbereich angeführt, der wegen seiner spektroskopischen „Fingerprinting“ Möglichkeiten dringend der Weiterentwicklung bedarf.

Gefördert durch:
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

Projektpartner: 
Novosibirsk State University, Russia; Institute of Photonics and Electronics, The Czech Academy of Sciences, Czechia; iXblue Photonics, France; Ulyanovsk State University, Russia; Electromagnetism and Telecommunication Department, University of Mons, Belgium

Im Bild oben:
Darstellung der Multitasking-Funktion der Seltene-Erden-Faser: Das Signal wird verstärkt, wählt eine Betriebswellenlänge und erfährt eine sättigbare Absorption, wodurch ein ultrakurzer Puls entsteht