Künstliche Intelligenz (KI) ist längst in unserem Alltag angekommen und bereichert das Leben vieler Menschen: Ob selbststeuernde Drohnen, intelligente Raumbeleuchtung oder smarte Sprachassistenten – KI durchdringt nahezu alle Lebensbereiche. Neben Logistik, Automobilbranche oder Unterhaltungsindustrie hält die clevere Unterstützung durch KI auch Einzug in die Medizin und liefert wertvolle Hinweise auf Krebs­ oder Infektionserkrankungen. Leibniz-­IPHT ­Forschende arbeiten gemeinsam mit der Biophotonics Diagnostics GmbH an der KI­gestützten Auswertung von Raman­ Spektren und Bilddaten.

„Das Ziel ist, mithilfe computergestützter Algorithmen Auffälligkeiten in der bildgebenden Diagnostik sowie in spektral gemessenen Daten innerhalb kürzester Zeit identifizieren zu können. Medizinerinnen und Mediziner könnten so ihren Verdacht auf eine Erkrankung oder einen Infektionserreger im Sinne einer Zweitmeinung bestätigen. Außerdem wäre es möglich, auffälligen Bereichen einer Gewebeprobe nochmals besondere Aufmerksamkeit zu schenken und diese weiter medizinisch abzuklären.“, erläutert PD Dr. Thomas Bocklitz, Leiter der Abteilung Photonic Data Science am Leibniz-IPHT. Gemeinsam mit seinem Team widmet er sich mit der Erforschung der smarten Algorithmen genau diesem Ziel und dem Gewinn von KI für die Medizin. Der Experte ist sich sicher, KI-basierte Verfahren werden Medizinerinnen und Mediziner in Zukunft nicht ersetzen, ihnen jedoch echten Mehrwert bieten: Durch ihre Fähigkeit, schnell Muster in pathologischen Befunden zu erkennen, unterstützen die computerassistierten Methoden bei der Therapieentscheidung.

Kompetente Innovation

Vor allem die Raman-Spektroskopie kann über die biochemische und molekulare Charakterisierung von Proben die Diagnostik und Analytik sinnvoll unterstützen. Ihr Potential wird in der klinischen Anwendung jedoch aufgrund der Komplexität und des Umfangs der Daten nur unzureichend ausgeschöpft.

Die Biophotonics Diagnostics GmbH beweist mit ihren intelligenten und KI-gestützten Softwarelösungen, dass die Analyse selbst umfassender spektroskopischer Daten einfach und ohne Spezialwissen gelingen kann.

Das Spin-Off, welches aus einer Kooperation des Leibniz-IPHT mit der Friedrich-Schiller-Universität Jena und dem Universitätsklinikum Jena hervorgegangen ist, führt die intensive Forschungsarbeit der drei Einrichtungen erfolgreich in einem anwenderfreundlichen Produkt zusammen: Die von ihr realisierte RAMANMETRIX-Software beschleunigt die schnelle und intuitive Auswertung von Raman-Spektren.

Künftige Ideallösung

Um die Anwendung der Raman-Spektroskopie im medizinischen Umfeld weiter voranzubringen, sind außerdem einheitliche Vorgehensweisen und Messmethoden, wie standardisierte Messbedingungen und -aufbauten, für die Generierung und Auswertung vergleichbarer Messdaten nötig. Das Team von Thomas Bocklitz hat deshalb eine Anleitung zur Raman-Spektraldatenanalyse unter Nutzung von KI verfasst. Damit möchten die Forschenden einen Beitrag zur internationalen Standardisierung der Datenerhebung, -aufbereitung und KI-gestützten Auswertung leisten.

„In Zukunft wollen wir KI verstärkt für die inverse Modellierung von Messprozessen einsetzen. Mit Unterstützung von KI werden aus bereits generierten Messdaten Rückschlüsse auf die Probe und mögliche Fehler der Messung gezogen. Dadurch können wir die Ausgangsdaten verbessern und Diagnosen weiter optimieren“, blickt der Wissenschaftler, der auch den Gesamtverbund „KI für die Diagnostik und Therapie“ als Teil des Leibniz-Zentrums für Photonik in der Infektionsforschung (LPI) an der Friedrich-Schiller-Universität Jena leitet, in die Zukunft.

Was ist Künstliche Intelligenz?

KI steht für künstlich erzeugtes intelligentes Verhalten von Maschinen mittels mathematischer Algorithmen. Denken, Probleme lösen und lernen sind ihre charakteristischen Merkmale. Ein Teilgebiet von KI ist das maschinelle Lernen, dessen Algorithmen durch Datensätze trainiert werden. Dank Mustererkennung kann das maschinelle Lernen Aufgaben immer besser lösen. Deep Learning als Teildisziplin des maschinellen Lernens ist meistens dem menschlichen Gehirn nachempfunden. Es ist in der Lage, mittels künstlich neuronaler Netze aus großen komplexen Datenmengen zu lernen, Gesetzmäßigkeiten intelligent zu erkennen und logische Schlussfolgerungen zu treffen.