Nanostrukturierte Zinn/Zinnoxid (Sn/SnOx)-Oberflächen sind für verschiedene Anwendungen sehr vielversprechend, da ihr Zustand der kondensierten Materie zwischen isolierten Atomen (oder kleinen Molekülen) und des Rohmaterials liegt. Im Gegensatz zu den inhärenten Eigenschaften des Rohmaterials zeigen Nanomaterialien mit derselben chemischen Zusammensetzung je nach dem Medium, in das sie eingebettet sind, neue Eigenschaften. Die inhärenten Vorteile nanostrukturierter Materialien können durch die Kombination von zwei Phasen mit unterschiedlichen Eigenschaften verbessert werden. In diesem Forschungsprojekt wird dieser Aspekt genutzt, um neuartige Nanokomposite auf Sn-Basis herzustellen. Funktionelle Nanostrukturen auf Sn-Basis, die in einer Matrix aus Silikon-Nanodrähten eingebettet sind, haben einige Vorteile und bieten aufgrund ihrer chemischen und mechanischen Stabilität, ihrer kostengünstigen Herstellung und ihrer verbesserten optischen und katalytischen Eigenschaften attraktive Anwendungsmöglichkeiten. Der angestrebte wissenschaftliche Durchbruch des vorgeschlagenen Projekts ist daher das kontrollierte Wachstum von dünnen Filmen auf Zinnbasis auf nanostrukturierten Silizium- und Quarzoberflächen für biophotonische Anwendungen. Die lokale Verstärkung des elektrischen Feldes von plasmonischen Sn/SnOx-Nanostrukturen in der Raman Spektroskopie und die Oberflächenstabilität solcher Oberflächen, die durch chemische oder physikalische Abscheidung aus der Gasphase hergestellt werden, sind bisher noch nicht untersucht worden. Daher ist die Untersuchung der Langzeitstabilität und der Oberflächenzusammensetzung von großer Bedeutung, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung neuer Anwendungsstrategien. Ein nasschemischer top-down-Ansatz wird für die Vorstrukturierung von Siliziumoberflächen und die anschließende "intersectioning" mit funktionellen Zinnoxidschichten verwendet. Für die Herstellung der plasmonisch aktiven Oberflächen auf Zinnbasis werden die metallorganische chemische Gasphasenabscheidung unter Verwendung von flüchtigen Zinn(II)- und Zinn(IV)-Alkoxid-Precursoren und das Magnetronsputtern von metallischem Zinn eingesetzt. Die Charakterisierung der erhaltenen plasmonischen Strukturen wird mit verschiedenen oberflächensensitiven Analysemethoden durchgeführt. Die Ergebnisse werden durch die theoretische Modellierung von Wachstumsprozessen und plasmonischen Eigenschaften ergänzt. Dadurch soll ein optimiertes Verfahren für die Herstellung Sn/SnOx nanostrukturierte Oberflächen entwickelt und etabliert werden. Eine genaue und detaillierte Analyse der atomaren und elektronischen Struktur sowie des physikalisch-chemischen Zustands der gebildeten Oberflächen und Grenzflächen wird mit Hilfe der folgenden Techniken erreicht: XANES (X-ray Absorption Near Edge Structure), XPS (X-ray Photoelectron Spectroscopy) und PEEM (Photo Emission Electron Microscopy). Zusätzlich wird eine Charakterisierung der Oberflächen und erreichbaren Grenzflächen unter Nutzung der Großgeräte am Synchrotron-Speicherring BESSY II am HZB Berlin erfolgen. Diese Technik ermöglicht die Untersuchung der atomaren und elektronischen Struktur sowie des physikalisch-chemischen Zustands der Siliziummatrizen vor und nach der Kompositbildung mit einer einzigartigen zerstörungsfreien Tiefenprofilierung. Alle Methoden werden in oberflächen- und volumensensitiven Modi angewandt und werden durch Computermodellierung und ab-initio-Berechnungen der elektronischen Struktur der wichtigsten möglichen Phasen ergänzt. Die ex-situ und in-situ Ultrahoch-Vakuum Modifikation der lokalisierten Nanostrukturen wird es ermöglichen, das Verständnis der Materialeigenschaften und der Stabilität zu erweitern. In dem vorgeschlagenen bilateralen Forschungsprojekt wird die plasmonische Aktivität von Sn/SnOx-Substraten zur Charakterisierung von proteinverwandten Verbindungen mittels der oberflächenverstärkten Raman-Spektroskopie (SERS) ausgenutzt. Unter Verwendung von Anregungslaserwellenlängen im sichtbaren bis hin zum tiefen UV-Spektralbereich werden die gewonnenen spektroskopischen Daten neue Einblicke in die molekulare Struktur von Amyloidfibrillen und deren Vorläufern liefern. Das vorgeschlagene bilaterale Projekt deckt somit die gesamte Bandbreite von der Entwicklung und Charakterisierung neuartiger plasmonischer Oberflächen auf Zinnbasis bis hin zu deren Anwendung für gesellschaftlich relevante Themen ab.

Dieses Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert