Viele Mikroskopiemethoden erreichen besondere Fähigkeiten dadurch, dass man zeitlich getrennte Daten einer Probe aufnimmt und diese geeignet verarbeitet. Konfokale Mikroskope können optische Schnitte herstellen, die aussehen, als hätte man das zu untersuchende Objekt mit einem scharfen Skalpell in Scheiben geschnitten, die in etwa jeweils nur ein Hundertstel so dick sind wie ein Haar. Im konfokalen Mikroskop ist das durch ein geschicktes zeitliches Abrastern (Scannen) jeder Schicht in Kombination mit fokussierter Beleuchtung und einem kleinen Detektor möglich, so dass man etwa 1 Million zeitlich getrennte Messwerte benötigt. Durch die Methode der strukturierten Beleuchtung kann man ähnliche gut optisch geschnittene Bilder erhalten, benötigt aber nur drei zeitliche Schritte, bei denen man jeweils ein Kamerabild aufnimmt und die Bilder dann miteinander verrechnet, um das störende Licht von außerhalb der Schärfeeben rechnerisch zu entfernen. Man kann bei beiden Verfahren von einer zeitlichen Kodierung der nötigen Schnittinformation sprechen. Zunächst schien mit nur drei Aufnahmezeitpunkten das Minimum erreicht zu sein.

In dieser Publikation wird ein Verfahren beschrieben, mit dem es möglich ist, solche optisch geschnittenen Bilder mit nur einem einzelnen Belichtungsschritt zu erzeugen. Dabei wird, wie bei dem oben erwähnten drei-Schritt Verfahren auf die strukturierte Beleuchtung zurückgegriffen. Jedoch wird die Information nicht zeitlich, sondern über die Schwingungsrichtung des elektrischen Feldes des Lichtes („Polarsation“) kodiert. Die Forschenden nutzen 2 Kameras, 4 Polarisationsfilter und eine spezielle polarisierte Beleuchtung. Weil sich die Polarisationsrichtung ortsabhängig ändert, ist es nun möglich, gleichzeitig vier Bilder mit der nötigen Schnittinformation aufzunehmen. Diese werden dann verrechnet, um einen optischen Schnitt zu erhalten, der weitgehend frei von Hintergrundlicht ist.

In der Veröffentlichung beschreiben die Forschenden das polarisationskodierte strukturierte Beleuchtungsmikroskopie-Verfahren („PicoSIM“) und zeigen PicoSIM Beispielbilder von optisch geschnittenen Muskelfasern.

Doch die Natur lässt sich, wie auch hier, nicht beliebig austricksen. Damit das Verfahren gut funktioniert, müssen die fluoreszierenden Moleküle in der Probe eine zufällige Orientierung aufweisen. Dies ist bei den meisten, aber eben nicht allen, Proben der Fall.

Die Publikation basiert auf Experimenten, die von zwei Doktoranden (S. Shukla Mukherjee und Daniel Appelt) am Leibniz-IPHT durchgeführt wurden. Das PicoSIM Verfahren lässt sich prinzipiell auf viele andere Bildgebungsbereiche (Lichtschicht-Mikroskopie, hochauflösende strukturierte Beleuchtung, Ramanmikroskopie) erweitern, um z. B. mit Femtosekundenbeleuchtung fast beliebig schnell werden zu können. Es bleibt aber der Wermutstropfen der Voraussetzung von zufällig orientierten Molekülen und eine vergleichsweise große Rauschanfälligkeit des Verfahrens.