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Rekordverdächtig: Schwarzschichten aus dem Reinraum
15.01.2021
Schwarz erscheint eine Oberfläche, wenn praktisch kein Licht reflektiert wird, sondern alle Farben des einfallenden Lichts absorbiert werden. Früher kroch der Fotograf zum Scharfstellen unter das schwarze Einstellungstuch an seinem Apparat, um Umgebungslicht von der empfindlichen Fotoplatte abzuhalten. Auch heute werden schwarze Oberflächen eingesetzt, um Licht einzufangen: Im Optik-Labor minimieren Schwarzschichten zum Beispiel störendes Streulicht beim Einsatz von Lasern in optischen Aufbauten.
Dabei ist schwarz nicht gleich schwarz. Dr. Mario Ziegler, Wissenschaftler am Zentrum für Mikro- und Nanotechnologien am Leibniz-IPHT, ist es mit seinen Teamkolleginnen und -kollegen im Reinraum gelungen, Schwarzschichten herzustellen, die die Absorptionseigenschaften aller bisher dagewesenen Dünnschicht-Lösungen übertreffen. Auf ein Profilblech aus dem Baumarkt aufgetragen, schluckt es alle für das menschliche Auge sichtbaren Konturen. Das Profil kann man nur noch durch einen extrem steilen Einfallswinkel erkennen.
Das Schwarz aus dem Reinraum ist nachweislich schwärzer als das schwärzeste Schwarz, das den Weltrekord im Guinness Buch der Rekorde hält. „Unser ‚Dark Mirror‘ erreicht Spitzenwerte bei der Lichtabsorption. Und das in einem sehr breiten Wellenlängenbereich. Damit absorbiert unser Schwarz mehr Licht als vergleichbare Dünnschichten wie ‚Vantablack‘ oder der aktuelle Rekordhalter ‚Dark Chamaleon Dimers‘“, berichtet Mario Ziegler, der das Verfahren in seiner Doktorarbeit im Detail beschrieben hat.
Im Bild:
Vergleich der Schwarzschichten des derzeitugen Rekord-Halters für die Rubrik "Darkest mammade substance" bei den Guinness World Records und dem am Leibniz-IPHT entwickelten "Dark-Mirror"
Hergestellt wird die Schwarzschicht mit Hilfe des neuartigen Verfahrens der metastabilen Atomlagenabscheidung MS-ALD (Metastable Atomic Layer Deposition), das am Leibniz-IPHT entwickelt und patentiert wurde. Dabei wird eine Silberdünnschicht in die metastabile Phase Silberoxid überführt. Diese Metastabilität wird genutzt, um in einem selbst-organisierten Wachstum komplexe 3D-Nanostrukturen aus Siliziumdioxid und Silbernanopartikeln herzustellen.
Im Bild:
Rasterelektronenmikroskopie-Aufnahme der Silber-Siliziumdioxid-Hybridnanostrukturen
(Dark-Mirror)
Das rekordverdächtige Schwarz entsteht durch das Zusammenspiel von zwei optischen Effekten: Einerseits wird das Licht von den Siliziumdioxid-Nanostrukturen eingefangen (Light Trapping), andererseits absorbieren die auf den Nanostrukturen entstandenen Silbernanopartikel durch ihre besonderen optischen Eigenschaften das einfallende Licht.
Hergestellt wird die Schwarzschicht mit Hilfe des neuartigen Verfahrens der metastabilen Atomlagenabscheidung MS-ALD (Metastable Atomic Layer Deposition), das am Leibniz-IPHT entwickelt und patentiert wurde. Dabei wird eine Silberdünnschicht in die metastabile Phase Silberoxid überführt. Diese Metastabilität wird genutzt, um in einem selbst-organisierten Wachstum komplexe 3D-Nanostrukturen aus Siliziumdioxid und Silbernanopartikeln herzustellen. Das rekordverdächtige Schwarz entsteht durch das Zusammenspiel von zwei optischen Effekten: Einerseits wird das Licht von den Siliziumdioxid-Nanostrukturen eingefangen (Light Trapping), andererseits absorbieren die auf den Nanostrukturen entstandenen Silbernanopartikel durch ihre besonderen optischen Eigenschaften das einfallende Licht.
Die Schwarzschichten werden im Institut bereits zur Streulichtminimierung bei Spektroskopie-Aufbauten eingesetzt. „Ein Novum ist, dass die Schwarzschicht chemisch stabil ist. Dadurch ist sie für viele Anwendungen einsetzbar“, erklärt Valentin Ripka, Labortechniker im Reinraum. „Gerade bereiten wir alles für die Raumfahrtqualifikation vor. Dafür muss die Schicht weiter stabilisiert werden, schließlich muss sie Anforderungen wie einen Raketenstart überstehen. Es ist geplant, die Schwarzschicht auf unsere langjährig erprobten Infrarotlichtsensoren aufzubringen, um diese zur kontaktlosen Messung von Wärme in Weltraumerkundungsmissionen zum Einsatz zu bringen.“ Parallel arbeitet das Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern daran, das Trägermaterial mit einer halbleitenden Substanz wie Zink- oder Titanoxid zu ersetzen. Damit könnte es möglich sein, die Schwarzschicht als photokatalytische Oberfläche einzusetzen. In Verbindung mit Sonnenlicht wäre es somit möglich, schädliche chemische Bestandteile zu zersetzen und aus dem verunreinigten Wasser herauszufiltern. Dieser Effekt könnte in Zukunft zum Beispiel bei der Abwasserreinigung von Textilfabriken genutzt werden.
„Das Element Wasserstoff ist ein Schlüsselbaustein für die globale Energiewende. In einem nächsten Schritt wollen wir unsere Schwarzschichten im Hinblick auf die Synthese von grünem Wasserstoff hin erforschen“, gibt Mario Ziegler einen Ausblick. Durch die Plasmoneninduzierte Photokatalyse soll es möglich werden, mittels Sonnenlicht Wasser zu spalten und so Wasserstoff zu gewinnen. „Wasserstoff als Synthesegas und Energieträger ließe sich dann dezentral herstellen und direkt ohne aufwändige Speicherung anwenden, zum Beispiel in Mobilitätskonzepten der Zukunft.“
Weitere Informationen gibt es im nachfolgenden Video:
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