Für viele ist das kleinste oft das größte Glück: Wenn Paare ein Kind erwarten, steigt die Vorfreude auf eine spannende Zeit in einem neuen Lebensabschnitt. Oft sind damit Unsicherheiten verbunden, nämlich, ob das Herz des Kindes im richtigen Takt schlägt. Eine Möglichkeit, den Rhythmus der Herztöne von außen schon im Bauch der Mutter zu untersuchen, ist die sogenannte fetale Magnetokardiographie (MKG). Diese kann schmerz- und kontaktfrei Aussagen zur Herztätigkeit des ungeborenen Kindes treffen. Auch der Herzschlag von Erwachsenen lässt sich mittels MKG schnell und einfach messen. Auf diese Weise können Ärztinnen und Ärzte Anomalien feststellen, die auf krankhafte Veränderungen der Herztätigkeit hindeuten.

Optisch gepumpte Magnetometer für winzige biomagnetische Signale


Im Bild: 
Mikrofabrizierter OPM-Zellverbund mit zentralem Reservoir, zwei Messvolumina und integrierte Herzer- und Temperatursensorstrukturen in Dünnschichttechnologie.

Herzstück dieses Diagnostikverfahrens sind hochempfindliche Quantensensoren, hier optisch gepumpte Magnetometer (OPM), die kleinste Magnetfelder detektieren können. Jede Kontraktion des Herzmuskels ist mit elektrischen Strömen im menschlichen Körper und damit mit einem Magnetfeld verbunden. OPM sind in der Lage, diese sehr schwachen biomagnetischen Signale nicht-invasiv zu messen und sichtbar zu machen. Mit diesen Sensoren kann der kostenintensive Einsatz häufig verwendeter supraleitender Sensoren, sogenannter SQUID, mit aufwändiger Kühlung durch flüssiges Helium oder Stickstoff umgangen werden. Das eröffnet eine breite Anwendung dieser diagnostischen Methode weit über einzelne Forschungseinrichtungen und Spezialkliniken hinaus.

Herz- und Gehirnaktivitäten messen

Nicht nur das menschliche Herz, sondern auch das Gehirn erzeugt biomagnetische Signale, die noch einmal deutlich kleiner sind. Die Quellen der Hirnaktivität können mit OPM in drei Dimensionen abgebildet werden, um zum Beispiel neuronale Erkrankungen, wie Epilepsie, zu untersuchen. Daneben sind OPM auch für eine Reihe weiterer potenzieller Anwendungsfelder, wie die Magnetomyographie, eine Methode zur Untersuchung von Nervenleitungen, oder für die Krebsforschung attraktiv.

„Vor allem miniaturisierte OPM eröffnen perspektivisch interessante Möglichkeiten in der Neurodiagnostik, da die Sensoren äußerst flexibel am Kopf von Betroffenen zur Messung neuronaler Tätigkeiten angebracht werden können. Der Kopf eines Kindes zum Beispiel, ist sehr viel kleiner als der eines Erwachsenen. Folglich müssen die Sensoren bei Kindern einem anderen Aufbau als bei erwachsenen Menschen folgen. Eine Messung der Signale muss immer sehr nah an der Quelle, in diesem Fall am Kopf, stattfinden, um aussagekräftige Ergebnisse zu liefern. Mit kleinen OPM lassen sich solche flexiblen Anordnungen sehr gut realisieren“, erklärt Dr. Theo Scholtes, Arbeitsgruppenleiter im Bereich Quantenmagnetometrie am Leibniz-IPHT, der sich intensiv mit den Sensoren beschäftigt.

Seine Arbeitsgruppe erforscht und entwickelt Quantensensoren für biophotonische Anwendungen. „Unser Ziel ist es, SQUID zukünftig durch OPM mehr und mehr zu ersetzen, da sie die Nachteile der supraleitenden Sensoren überwinden und keine extrem kalten Temperaturen für ihre Verwendung nötig sind. Gleichzeitig ist es unsere Vision, auf die magnetische Abschirmung, die bei der Verwendung dieser hochempfindlichen Magnetometer nötig ist, um das Erdmagnetfeld sowie technische Störfaktoren aus der Messung auszuschließen, verzichten zu können“, so Theo Scholtes weiter.

Gut zu wissen: Wie funktionieren optische Magnetometer?

OPM sind integrierte optische Anordnungen, welche die Wirkung eines umgebenden Magnetfeldes auf einen atomaren Dampf spektroskopisch messen können. Kernstück ist eine Zelle mit Atomdampf, welche im Reinraum des Leibniz-IPHT mikrosystemtechnisch hergestellt und mit dem Element Cäsium befüllt wird. Verändert sich das die Zelle umgebende Magnetfeld, hat dies Auswirkungen auf die optischen Eigenschaften der Atome des Dampfes, die mit Laserlicht detektiert werden. Die Arbeitsgruppe erforscht verschiedene Aspekte der OPM, unter anderem die Vor- und Nachteile verschiedener Ausleseprinzipien, um sie maßgeschneidert in einer Reihe von Anwendungen einzusetzen.

Im Bild oben:
Messaufbau zur Charakterisierung der OPM-Zellen und Erforschung neuer Ausleseverfahren.