Neue Faserdesigns erlauben zukunftsweisende Anwendungen in Faserlasern, als faseroptische Sensoren bis hin zu Lab-in-Fiber Konzepten. Erstmalig wurde das Punkt-zu-Punkt Femtosekunden-Lasereinschreiben von Faser-Bragg-Gittern in die Kernregion einer neuartigen photonischen Kristallfaser demonstriert.

Von J. Bierlich // K. Wondraczek // A. Lorenz

Mikrostrukturierte Glasfasern besitzen eine Vielzahl einzigartiger optischer Eigenschaften und damit ein großes Zukunftspotential im Bereich der Laser- und Verstärkeranwendungen sowie für Sensorik und Analytik in der Biomedizin- und Umwelttechnik. Unsere Arbeitsgruppe „Optische Fasertechnologie“ deckt speziell sämtliche Entwicklungs- und Forschungsaktivitäten innerhalb der kompletten Technologiekette zur Herstellung optischer Spezialfasern auf der Basis von Quarzglas sowie oxidischer Weichgläser ab. Der Fokus der Forschungsarbeiten konzentriert sich sowohl auf Material- als auch auf Technologieaspekte zur Realisierung spezifischer Struktur- und Dotierungseigenschaften maßgeschneiderter optischer Preformmaterialien sowie Preformen bis hin zu daraus hergestellten Fasern für Spezialanwendungen.

Die Entwicklung maßgeschneiderter mikrostrukturierter Fasern startet mit einer prinzipiellen Konzipierung eines Ziel-Faserdesigns anhand numerischer Simulationen. In einem weiteren Schritt wird das Zieldesign in eine realisierbare Faserpreform-Struktur skaliert. Die technologische Umsetzung der zumeist komplexen Faserstrukturen beinhaltet zahlreiche, aufeinanderfolgende Schritte von der Präparation einer makrostrukturierten Ausgangspreform und ihrer Konsolidierung zur fixierten Canestruktur bis hin zur finalen Ziehprozessierung zur mikrostrukturierten Faser.

Die Präparation der makrostrukturierten Glaspreform erfordert insbesondere die Herstellung einer Vielzahl verschiedenster Einzelelemente (sowohl Vollstäbe als auch Kapillaren unterschiedlicher Durchmesser; bis über 200 Stück pro Preform), ihrer Konfektionierung und Reinigung sowie das geometrische Anordnen dieser im Mantelrohr zu einem meist hexagonalem Packungsgebilde entsprechend den Faserdesignanforderungen. Im nachfolgenden Cane-Ziehschritt wird die lose Elementanordnung der Preform in eine dichte, kompakte Sekundärpreform, den Cane, überführt. Ziel dieses Schrittes ist das Verschmelzen der Stäbe unter Auflösung der Elementzwischenräume bei gleichzeitigem Erhalt der Kapillarhohlräume und generell sehr gutem Strukturerhalt.

Abhängig von den eingestellten Druckbedingungen beim Cane-Ziehen können die Glaskapillaren in der Preform punktuell bis komplett miteinander verschmolzen werden. Die damit möglichen Strukturvariationen wirken sich unmittelbar auf die optischen Eigenschaften der finalen Faserstruktur aus. Die Wahl des Druckregimes bildet ein effizientes Instrument zur anwendungsorientierten Fasermodifizierung. Beim Verziehen der Cane-Preform zur finalen Faser sind erneut über die Wahl der Druckbedingungen weitere Freiheitsgrade zur Faserstruktureinstellung gegeben. Die Variationsmöglichkeiten bestehen hierbei entweder in der Ausnutzung des intrinsischen Kapillardruckes bei der „passiven“ Druckführung während des Ziehvorganges oder bei der Beaufschlagung mit einem definierten Überdruck bei der „aktiven“ Faserziehvariante. Hiermit lässt sich vor allem das Aufblas- und Streckverhalten der Kapillarhohlräume (-ringe) stark beeinflussen, was bezüglich der resultierenden photonischen Kristallfaserstruktur weite Geometrievariationen ermöglicht.

Im Rahmen eines europäischen Forschungsprojektes (COST MP1401 – AFLASER) gelang es erstmals, Faser-Bragg-Gitter in eigens entwickelte optische Glasfasern mit neuartiger photonischer Kristallstrukur einzuschreiben.[REF] Die Entwicklung zielte hierbei auf Glasfasern mit geometrisch definierten Hohlring-Anordnungen in µm-Dimensionen und hohlraumbildende Gitterstrukturen in nm-Dimensionen ab. Bei diesem neuartigen Faserdesign ist die periodisch um einen zentralen Glaskern angeordnete Lochstruktur transparent für transversal polarisiertes Licht. Dies ermöglicht, mit fs-Laser-Pulsen Brechzahlmodifikationen in Form von sogenannten Bragg-Gittern durch die Punkt-zu-Punkt Methode in den Kernbereich der Faserstruktur einzuschreiben. Bei herkömmlichen Faserdesigns ist normalerweise ein Gittereinschreiben in den Kernbereich der photonischen Kristallfasern nicht oder in nur sehr geringem Maße möglich, da die transversal eingestrahlten, belichtenden Laserpulse aufgrund der dafür ungünstigen Mikrostruktur defokussiert werden. Durch die gezielte Anpassung des periodisch strukturierten Mantelbereiches werden anomale Transparenzbereiche erschaffen, die sich optimal für das Gittereinschreiben nutzen lassen. Das Punkt-zu-Punkt Gittereinschreiben ermöglicht die Erweiterung der Anwendungswellenlänge in neue spektrale Bereiche. Das direkte punktweise Einschreiben der Bragg-Gitter erlaubt darüberhinaus komplexe Gitterstrukturen wie z. B. gechirpte Gitter, phasenverschobene Gitter und Gitter mit einer Überstruktur. Die neuen anomalen Faserdesigns erlauben somit u. a. die Erschließung neuer Anwendungsfelder in Faserlasern, als faseroptische Sensoren bis hin zu Lab-in-Fiber Konzepten.

Gefördert von: BMBF, H2020, COST