In einem Modellkomplex für eine künstliche Lichtsammeleinheit, in welchem zwei Ruthenium-Polypyridin-Chromophore und ein Eisen-Polypyridin-Chromophor miteinander verbunden sind, wurde der Energietransfer vom Ruthenium- zum Eisenzentrum in Abhängigkeit von der Intensität des Anregungslichtes untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass der Energietransferprozess bei hohen Anregungsintensitäten, wenn sowohl ein Ruthenium- als auch ein Eisenzentrum angeregt werden, verzögert ist.

Von JOACHIM KÜBEL // MARIA WÄCHTLER // BENJAMIN DIETZEK

Photosynthetisch aktive Organismen haben in einzigartiger Art und Weise Strategien entwickelt, die Energie des Lichts über einen breiten Spektralbereich mit Hilfe eines ausgeklügelten Antennensystems effizient zu sammeln und auf ein Reaktionszentrum zu übertragen, wo die Lichtreaktion der Photosynthese stattfindet. Den Schlüssel zum Erfolg stellt hierbei die definierte räumliche und energetische Anordnung der einzelnen lichtabsorbierenden chromophoren Einheiten zueinander dar. Dieses Prinzip kann in künstlichen Systemen erfolgreich nachgeahmt werden, indem mehrere lichtabsorbierende Einheiten in (supra)molekularen Strukturen organisiert werden. Die hohe Dichte von chromophoren Einheiten in solchen Strukturen eröffnet die Möglichkeit, dass bei hohen Lichtintensitäten mehr als eine chromophore Einheit pro Molekül durch Absorption von Licht in den angeregten Zustand versetzt wird. Aufgrund der geringen Abstände zwischen den chromophoren Einheiten können spezifische Wechselwirkungen zwischen den angeregten Chromophoren in mehrfachangeregten Spezies die Photophysik im Vergleich zu einfachangeregten Spezies beeinflussen. Dies kann zum Beispiel zu einer Löschung, Annihilation, von angeregten Zuständen führen, was die Gesamtpopulation angeregter Zustände und damit die Effizienz des Antennensystems verringert oder es können sich hochreaktive Zustände im System anreichern. In natürlichen Systemen existieren Sicherheitsstrategien um potentielle Schäden durch letztere zu verhindern. Um solche Schutzmechanismen auch in künstlichen Systemen etablieren zu können, ist der erste Schritt Prozesse, die bei hohen Lichtintensitäten auftreten  können, zu identifizieren.    

In diesem Kontext haben Wissenschaftler des IPHT die lichtinduzierten Prozesse in einem symmetrischen dreikernigen Übergangsmetallkomplex (RuFeRu, siehe Abbildung 1), welcher als Modell für eine Lichtsammeleinheit dient, in Abhängigkeit von der Anregungsintensität untersucht. In diesem System tragen drei chromophore Einheiten zur Lichtabsorption im sichtbaren Spektralbereich bei: zwei äußere Ruthenium-Polypyridin-Einheiten und eine zentrale Eisen-Polypyridin-Einheit. Bei niedrigen Anregungsintensitäten wird nur maximal eine dieser Einheiten pro Molekül angeregt. Anregung eines der Ruthenium-Chromophore führt zu einem nachgelagerten intramolekularen Energietransfer auf das Eisenzentrum, welches als Energiesenke wirkt. Das angeregte Eisen-Chromophor kehrt strahlungslos wieder in den Grundzustand zurück. Wird die Anregungsintensität erhöht, steigt einerseits die Wahrscheinlichkeit für eine zweifache oder sogar dreifache Anregung, während andererseits der Anteil der Spezies, welche nur ein angeregtes Chromophor enthalten, sinkt. Der Einfluss der Anwesenheit von mehrfachangeregten Spezies auf die beobachtete lichtinduzierte Dynamik wurde mithilfe Femtosekunden-zeitaufgelöster transienter Absorptionsspektroskopie untersucht. Mit zunehmender Intensität des Anregungslichtes wurde eine deutliche Verzögerung in der zeitlichen Entwicklung des Systems beobachtet, welche mit steigender Intensität immer ausgeprägter wird (Abbildung 1). Eine Simulation des Anregungsprozesses zeigt, dass unter den verwendeten experimentellen Bedingungen als einzige mehrfachangeregte Spezies Ru*Fe*Ru mit einem angeregten Rutheniumzentrum und einem angeregten Eisenzentrum in signifikanten Mengen gebildet wird, deren Beitrag zum Gesamtsignal mit zunehmender Anregungsintensität steigt. Daher ist eine naheliegende Erklärung der experimentell beobachteten Verzögerung in der zeitlichen Entwicklung des Systems, dass eine Blockade des Energietransfers vom Ruthenium- auf das Eisenzentrum vorliegt, solange das energieakzeptierende Eisenzentrum sich im angeregten Zustand befindet. Auf Grundlage dieser Annahme wurde ein kinetisches Modell aufgestellt, welches die dynamischen Prozesse in Ru*Fe*Ru beschreibt und welches eine effektive Rate für den Energietransfer vom Ruthenium- zum Eisenzentrum enthält. Diese effektive Rate hängt von der Besetzung der Akzeptorzustände ab und verändert sich während der Relaxation. 

Dies ist der erste Bericht einer solchen kinetischen Blockade eines Energietransfers in einem mehrkernigen Übergangsmetallkomplex. Dieser bisher unbekannte Effekt ist von grundlegender Bedeutung für die Entwicklung künstlicher Lichtsammelsysteme. Obwohl das vorgeschlagene kinetische Modell speziell für die hier untersuchten Systeme entwickelt wurde, ist es generalisierbar und auch auf andere Situationen anwendbar, in denen mehrere Energie- oder Elektronendonore kovalent an einen einzigen Akzeptor gebunden sind, einem allgemeinen Motiv in künstlichen, die Prinzipien der natürlichen Photosynthese nachahmenden Strukturen.

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